Übernehmen Bioreaktoren unsere Ernährung?

Übernehmen Bioreaktoren unsere Ernährung?

„Aussichten der Bioreaktornahrung – Ein Überblick von Manfred Linz“

Die industrielle Landwirtschaft gerät immer stärker unter Druck. Zunehmende ökologische Schäden, das Leiden der Nutztiere und die negative Klimabilanz sprechen immer stärker gegen den industriellen Weg. Nicht wenige Vordenker sagen deshalb biotechnologischen Verfahren, Bioreaktoren und Mikroorganismen eine große Zukunft voraus, insbesondere bei Milch und Fleisch, weil sie ohne ökologische Verwüstung und zu weit günstigeren Preisen die Welt ernähren könnten. Auf viele Flächen, die heute noch intensiv bearbeitet werden, könnten die Biotechnologien verzichten und damit die Klimagasbelastung der Lebensmittelproduktion erheblich verringern.

Doch wie tragfähig sind diese Botschaften?

Manfred Linz vom Institut für Welternährung hat in einer Literaturrecherche die Prognosen auf den Prüfstand gestellt und kommt zu einem ernüchternden Schluss. Bisher habe mit einer winzigen Ausnahme kein Produkt das Probestadium überwunden; alle Versprechen baldiger Marktfähigkeit blieben damit offen. Auch die große Verheißung, mit Bioreaktornahrung eine wachsende Weltbevölkerung gesund und preiswert zu ernähren, habe in den heute erkennbaren Realitäten keinen Anhalt. Das Narrativ, Bioreaktoren und Mikroorganismen könnten zu einer wesentlichen Stütze der Welternährung werden, diene gegenwärtig vor allem dem Zweck, Investoren von Risikokapital anzuziehen.

Die Ergebnisse der Studie können Sie unten stehend als PDF downloaden.

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„Future-Food“-Sommerakademie 2020 des IWE

„Future-Food“-Sommerakademie 2020 des IWE

„Bio oder Bioreaktor, Meer oder Land, Fabrik oder Feld, wie wird sich die Welt in Zukunft ernähren?“ das war das Thema unserer diesjährigen (virtuellen) IWE-Sommerakademie, zu der Prof. Thomas A. Vilgis vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung, Mainz den Einführungsvortrag gehalten hat. Im Zentrum der Diskussion stand die Frage, nach welchen Maßstäben wir die neuartigen Produkte, die auf den Markt drängen, bewerten sollten. Was macht ein Nahrungsmittel aus, das für uns Lebensmittel sein kann? Und was unterscheidet solche Lebensmittel von den hochverarbeiteten Produkten, mit denen die Ernährungsindustrie in Zukunft ihre Rendite erwirtschaften will?

Fleischersatz aus Zellkulturen?

Feststeht: Corona-Pandemie und Klimakrise setzen unser Ernährungssystem unter Stress, und wir erkennen klarer denn je, dass es diesem Stress nicht gewachsen ist. Wir als IWE haben uns in unserer Streitschrift festgelegt: „Nur eine ökologische Landwirtschaft kann 10 Milliarden Menschen ernähren“. Mittlerweile betreten aber weitere Akteure die Bühne und preisen neue Rohstoffquellen und Herstellungsverfahren für unsere Ernährung: Neben Algen, Insekten und Bakterien geht es beispielsweise auch um Züchtung von Zellkulturen als Fleischersatz.

Noch steht die Forschung am Anfang

Noch steht die Forschung ganz am Anfang. Doch das wirtschaftliche Interesse an der synthetischen Erzeugung von Nahrungsmitteln ist groß. Hinter den Kulissen und von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, wird die Entwicklung deshalb mit Macht vorangetrieben. Wohin geht die Reise? Sind hochverarbeitete synthetisch erzeugte Lebensmittel ein probates Mittel im Kampf gegen den Hunger in der Welt? Prof. Dr. Thomas A. Vilgis bezweifelt das.

Lebensmittel sind mehr als die Summe ihrer Einzelteile

Die zentrale These seines Vortrags: Lebensmittel sind mehr als die Summe ihrer Einzelteile. Was ein Lebensmittel zur Lebensqualität beitragen kann, hängt davon ab, wie und ob es sich an unsere achttausend-jährige kulinarische Erfahrung anschließen kann, in der wir als Sammler, Jäger, Ackerbauer und Viehhalter, als Pflanzen- und Fleischesser unterwegs waren. Hochverarbeitete synthetisch erzeugte Nahrungsmittel besitzen diese Anschlussfähigkeit möglicherweise nicht. 

Hier geht’s zum kompletten Vortrag von Prof. Thomas A. Vilgis mit einer Einführung von IWE-Vorstand Wilfried Bommert:

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Biodiversität & Corona

Biodiversität & Corona

Ein Beitrag von IWE-Mitglied Marie-Luise Dörffel

Wussten Sie schon… dass globale Gesundheitsrisiken wachsen, wenn Tropenwälder abgeholzt werden?

Ein Zusammenhang, der auf den ersten Blick verblüfft: Wie schützen Wälder vor neuen Krankheiten, neuen Pandemien?

Waldrodungen zerstören das Gleichgewicht in der Natur und Krankheiten von Tieren, sogenannte Zoonosen, können leichter von Tieren auf Menschen überspringen. Malariaausbrüche in Brasilien stehen beispielsweise im direkten Zusammenhang mit Waldrodungen und der WWF warnt, dass eine Pandemie wie Covid-19 nur ein Vorgeschmack auf Kommendes sein könnte.

Wie das UN-Umweltprogramm (UNEP) und das International Livestock Research Institute (ILRI) so zeigt auch der WWF in seiner neusten Studie, dass fortschreitender Umweltraubbau das Gleichgewicht der Natur zerstört und sich Krankheiten erfolgreich ausbreiten werden. Je mehr der Mensch natürliche Lebensräume und Räuber-Beute-Zusammenhänge vernichtet, desto mehr werden Tiere versuchen, sich neue Lebensräume zu erschließen. Und umso größer werden die Chancen, dass Krankheiten von Tieren auf Menschen überspringen können und sich Viren und Bakterien entsprechend ihres neuen Wirtes auch verändern.

Als Beispiel führt der WWF unter anderem Afrika an. Dort reduzierte sich durch den Bau von Staudämmen die Zahl der wandernden Süßwassershrimps dramatisch. In der Folge vermehrte sich eine bestimmte Schneckenart, die üblicherweise zur Beute der Shrimps gehörte. Diese Schnecken wiederum sind Zwischenwirt für den Bilharziose-Erreger, der sich seinerseits gut entwickeln konnte, was bei den Menschen zu einer Zunahme an Krankheitsfällen führte.

An diesem, sowie an vielen anderen Beispielen wird deutlich: Die Gesundheit des Menschen steht in direkter Abhängigkeit zu einer intakten Natur. Erkenntnisse aus dieser sowie aus anderen Studien sollten zukünftig die Entscheidungen beeinflussen, wenn es z.B. um die weitere Ausdehnung von Anbauflächen, z. B. für Soja oder Weizen in Brasilien und anderen Ländern geht.

Das Hintergrundpapier „Umweltzerstörung und Gesundheit“ des WWF können Sie hier als PFD herunterladen.

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Wilfried Bommert beim BR-Tagesgespräch: Wieder mehr Hunger auf der Welt

Wilfried Bommert beim BR-Tagesgespräch: Wieder mehr Hunger auf der Welt

IWE-Vorstandssprecher Wilfried Bommert war zu Gast beim BR-Tagesgespräch zum Thema „Wieder mehr Hunger auf der Welt: Was läuft da falsch?“

Die Corona-Pandemie trifft die Armen dieser Welt besonders hart. Denn: Aus der Gesundheitskrise ist längst eine Ernährungskrise geworden. Gerade in Afrika sind Millionen Menschen vom Hunger bedroht. Moderation: Stefan Parrisius / Gast: Dr. Wilfried Bommert, Institut für Welternährung e.V. Berlin, Autor von „Verbrannte Mandeln: Wie der Klimawandel unsere Teller erreicht“

Hier gibt’s das Tagesgespräch zum Nachhören.

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„Landwirtschaft & Biodiversität“ – Kooperation mit Neuer Schule für Fotografie

„Landwirtschaft & Biodiversität“ – Kooperation mit Neuer Schule für Fotografie

(c) Thilo Mokros

Wir erleben derzeit das größte Massenaussterben seit dem Verschwinden der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren. Im neuen Zeitalter des Anthropozän ist der Mensch zu einer planetarischen Kraft geworden, die die biologischen, geologischen und atmosphärischen Prozesse der Erde massiv verändert. Industrielle Landwirtschaft spielt dabei eine zentrale Rolle: Sie gehört zu den Hauptverursachern von Artensterben und Klimakrise, leidet aber gleichzeitig massiv unter den Folgen.

Mit welchen Bildern können Fotograf*innen die Öffentlichkeit auf dieses drängende Thema aufmerksam machen und positive Veränderungen bewirken? Wie können wir diese komplexen Zusammenhänge und Lösungsansätze fotografisch vermitteln, ohne dabei auf Klischees zurückzugreifen?

Diese Fragestellungen stehen im Zentrum des einjährigen Projekts „Landwirtschaft & Biodiversität“, an dem Studierende und Alumni der Neuen Schule für Fotografie teilnehmen. Eine Veranstaltungsreihe mit wissenschaftlichen Vorträgen, Filmscreenings und einer Exkursion stellt den Projektteilnehmer*innen die Zusammenhänge zwischen Landwirtschaft und Biodiversität inhaltlich vor und gibt Raum für Diskussionen. Ein eintägiges öffentliches Symposium widmet sich verschiedenen fototheoretischen und künstlerischen Perspektiven auf dem noch jungen und wenig erforschten Gebiet der Umweltfotografie. Auf Grundlage dieser vertieften Wissensvermittlung und einer intensiven fachlichen Begleitung durch Dozent*innen entwickeln die Studierenden und Alumni im Projektzeitraum innovative fotografische Arbeiten im künstlerischen wie im dokumentarischen Bereich. Diese werden im Rahmen der Alternativen Grünen Woche 2021 in der Heinrich-Böll-Stiftung in Berlin ausgestellt. Die Ausstellung wird als Wanderausstellung konzipiert und soll an vielen weiteren Orten gezeigt werden.

Das Projekt wird gefördert durch die Heinrich-Böll-StiftungHahnemühleGLS BankBerliner Landeszentrale für politische BildungInstitut für WelternährungÖkodorf Brodowin.

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Offener Brief an Ministerin Klöckner

Offener Brief an Ministerin Klöckner

Corona-Pandemie und Klimakrise zeigen uns, dass es mit der Sicherheit unser Ernährung nicht weit her ist. Die globale Transportkette der „Just-in-Time“ Lieferungen stockt, weil Corona die Grenzen schließt, die Lastwagen keine Fahrer mehr haben und das Heer der Arbeitssklaven auf den Feldern und an den Schlachtbänder ausfällt. Hinzu kommt: Das warten auf Regen, auch 2020 hat es kein Ende und die Ernte ist alles andere als sicher. 

Die Welt braucht eine neue Landwirtschafts- und Ernährungspolitik. Die Bundesregierung  könnte hierbei vorangehen, das fordert ein Bündnis der deutschen Zivilgesellschaft in ihrem offenen Brief an die Ministerin Julia Klöckner. Sie sollte die deutsche Präsidentschaft im Europäischen Rat dafür nutzen. Es geht darum jetzt ein Zeichen zusetzen und Corona als Chance zu begreifen.

Hier der offene Brief im Wortlaut:

Berlin, 7.5.2020

Sehr geehrte Frau Ministerin Klöckner,

wir schreiben Ihnen, weil nach unserer Einsicht die Sicherheit unserer eigenen wie der weltweiten Ernährung bedroht ist und dringend politisches Handeln erfordert. Unsere Landwirtschaft durchlebt mit diesem Jahr das dritte Krisenjahr in Folge. 2018 und 2019 haben Wetterextreme gezeigt, wie verletzlich unser Ernährungssystem ist. 2020 führt uns die Corona-Pandemie vor Augen, wie abhängig unsere Ernten vom Arbeitsimport aus Niedriglohnländern sind.

Extreme und Unsicherheiten werden weiter wachsen und damit die Risiken für die Ernährungssicherheit. Der massive Artenschwund in Feld und Flur, der Verlust an Bodenfrucht und Wasserqualität, die Zunahme an Resistenzen gegen Agrarchemie und Tiermedizin und die Proteste der Bauern gegen eine ruinöse Preispolitik verlangen eine Neuausrichtung der Agrarpolitik. Die Zunahme an Adipositas und die ungebrochene Wegwerfmentalität bei Lebensmitteln erfordert eine neue Ernährungspolitik.

Die Resilienz unseres Ernährungssystems entscheidet über Hunger und satt sein. In seinem gegenwärtigen Zustand ist es den kommenden Herausforderungen nicht gewachsen. Ebenso wie die Gesundheitsvorsorge ist die Sicherheit unserer Ernährung systemrelevant. Diese Systemrelevanz sollte uns jetzt veranlassen, massiv in die Widerstandskraft unserer Land- und Ernährungswirtschaft zu investieren. In diesem Sinne muss die abschließende Diskussion über die zukünftige Gestaltung der Europäischen Subventionen unter deutscher Präsidentschaft geführt werden. Mit diesem Ziel sollten auch die bereits bestehenden Initiativen von Bürgern und Bauern in Ernährungsräten und Projekten der Solidarischen Landwirtschaft, die heute schon regionale Ernährungskonzepte entwickeln, verstärkt unterstützt werden. Deshalb plädieren wir für die Errichtung eines starken Bundesprogramms „Nachhaltige regionale Ernährungskreisläufe“.

Wir brauchen eine Land- und Ernährungswirtschaft, die regionaler, vielfältiger, ökologischer und fairer wirtschaftet. Die Pandemie fordert uns dringend auf, unsere Agrar- und Ernährungswirtschaft nachhaltiger und krisensicher umzubauen. Der von der Zivilgesellschaft geforderte neue Gesellschaftsvertrag für eine zukunftsfähige Lebensmittelversorgung muss jetzt konkret gemacht und vor Ort umgesetzen werden.

Wir, die Unterzeichner, erklären uns bereit daran mitzuwirken.

Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V.

IWE –Institut für WelternährungWorld Food Institute e.V.

Naturfreunde Deutschland e.V. – Verband für Umweltschutz, sanften Tourismus, Sport und Kultur

Slow Food Deutschland e.V.

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Corona in den Schlachthöfen Deutsche Fleischindustrie – Brutstätten der Pandemie

Corona in den Schlachthöfen Deutsche Fleischindustrie – Brutstätten der Pandemie

Kommentar von Wilfried Bommert

Na sowas! Corona in deutschen Schlachthöfen. In Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein sind die ersten schon aufgeflogen. Weitere werden folgen. Alles nur eine Frage der Kontrollen, und die sind gerade erst angelaufen. Die Hochburgen der deutschen Fleischindustrie als Brutstätten der Pandemie! Wer genauer hingeschaut hätte, hätte es wissen können. Aber die Verantwortlichen übertrafen sich im Wegschauen, Vertuschen, Ignorieren und Weitermachen. Nun bekommen wir die Quittung!

Unser Fleischindustrie ist krank, und nun macht sie auch krank. Das wussten wir schon lange. Wer erinnert sich nicht an die Bilder aus überfüllten Wohnheimen, in die die Sklaven der Fließbänder eingesperrt werden von einer Schicht zur nächsten. Staatsanwälte füllten Aktenschänke mit entsprechenden Anzeigen. Verstöße gegen Arbeits- und Menschenrecht gehörten zum Geschäftsmodell der Fleischbarone. Selbst Klagen europäischer Mitbewerber gegen dieses Sozial- und Lohndumping blieben ohne Resonanz. Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen, das war das Mantra der Branche. Warum? Deutsches Fleisch soll billig bleiben, für die sommerlichen Grillorgien hierzulande und konkurrenzfähig für den Weg auf dem Weltmarkt.

Export gehört zum hohen Lied der Fleischwirtschaft. Mehr als die Hälfte der deutschen Schweine landen auf der internationalen Schlachtplatte. Darauf ist unser Bauerverband stolz und alle, die diese Fleischwirtschaft ermöglichen bis hinauf in die obersten Reihen der Politik. Erkauft zu welchem Preis? Verstöße gegen Menschenwürde und Tierwohl, und nun auch noch Corona.

Allerdings – als Konsumenten müssen wir uns auch an die eigene Nase fassen. Mit unserer Grillmoral, unserem Hang zu den ach so preiswerten Bratwürsten und Nackensteaks unterstützen wir diese Arbeitsverhältnisse. Billigfleisch braucht Billiglohn, darin liegt unsere eigene Verstrickung mit der Pandemie, die nun an den Schlachtbändern der Fleischindustrie wütet.

Und jetzt? Zeit der Besinnung auf grundsätzliche Fragen! Wollen wir eine solche Fleischindustrie, der für ihre Gewinne offenbar kein Risiko zu hoch ist? Auch nicht das von Menschenleben? Nein – das wollen wir nicht! Es wäre ein Hohn, wenn Politiker jetzt die Formel von der Systemrelevanz aus der Tasche ziehen und dieser Fleischindustrie mit Steuermilliarden aus der Patsche helfen. Was wir brauchen ist ein Neubeginn für den gesamten Sektor: eine Landwirtschaft, die ohne Mastfabriken, Großschlachthöfe und Lohnsklaven für unsere Ernährung sorgt.

Ja, das würde teurer werden. Menschenwürde, Tierwohl und nicht zuletzt unsere Gesundheit haben eben ihren Preis. Aber das sollte es uns auch wert sein!

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Essen in Zeiten von Corona: 7 Empfehlungen, die das Immunsystem stärken

Essen in Zeiten von Corona: 7 Empfehlungen, die das Immunsystem stärken

Es geht um unsere Abwehrkräfte. Wenn das Virus angreift, müssen wir fit sein. Wir können unsere körpereigene Abwehr stärken und zugleich das Klima schonen. Wie, das hat das IWE Vorstandsmitglied Agnes Streber zusammengefasst, sie leitet das Ernährungsinstitut Kinderleicht in München. 

1.    Viel frisches Gemüse und Obst essen
So bunt und saisonal wie es im März nur geht. Obst und Gemüse sind wertvolle Lieferanten der Vitamine A, C und E, enthalten Antioxidantien und Bitterstoffe, die die Abwehrkräfte stärken und aktivieren. Vor allem Gemüse und Salatsorten, die viele Bitterstoffe enthalten, sind stärkend für die Abwehr. Beispiele dafür sind Radicchio, Endiviensalat, Chicorée, Rucola und jegliche Kohlsorten wie Grünkohl, Rosenkohl, Brokkoli und Blumenkohl. Aber auch Klassiker wie Karotten, rote Bete, Spinat und Fenchel sind genussreiche Unterstützer, um gesund zu bleiben.

2.    Auf Vollkornprodukte zurückgreifen
Vollkornmehl enthält viele Ballaststoffe, die für einen gesunden Darm, eine gute Verdauung und lange Sättigung sorgen. Darüber hinaus liefern sie wertvolle Mineralstoffe und Vitamine. Vor allem Zink, Eisen und Selen sind im Zusammenhang mit dem Immunsystem besonders wichtig. Diese sogenannten Spurenelemente finden sich vor allem in Hafer(-flocken), Hirse, Paranüssen, Sonnenblumen- und Kürbiskernen sowie Weizenkeimlingen. 
Tipp: Sprossen und Keimlinge (Anleitungen bei YouTube) können ganz leicht selbst gezogen werden und machen sich hervorragend im selbst gebackenen Brot!

3.    Mit Gewürzen und Kräutern kochen
Wärmende Gewürze wie Ingwer, Kurkuma, Zimt, Chili, Curry, Muskat und Kreuzkümmel sind reich an ätherischen Ölen, können gut gegen Viren wirken und machen das Essen gleichzeitig noch schmackhafter. Frische Kräuter haben ebenso eine positive Wirkung auf das Immunsystem und sollten vielseitig beim Kochen eingesetzt werden. Gleichzeitig kann der Verzehr von Salz so verringert werden. 
Tipp: Kresse selber ziehen und in der Küche griffbereit mit Brettchen und Messer hinstellen!

4.    Viel trinken
Ideal sind täglich 1,5-2 L Wasser und besonders zur Erkältungszeit werden die Schleimhäute somit vor dem Austrocknen geschützt. Wasser kann mit Zitronen- und Orangenscheiben und Ingwerstückchen aufgepeppt werden und liefert somit noch mehr Gutes für’s Immunsystem. Wärmende Kräutertees sind ebenfalls sehr empfehlenswert und bringen noch mehr Geschmack. 

5.    Wenig Zucker und keinen Alkohol
Zuckerreiche Lebensmittel liefern viele Kalorien aber keine gesunden Nährstoffe. Der Körper arbeitet, um die Süßigkeiten zu verdauen, bekommt aber nichts Gutes dafür. Auch auf Alkohol sollte lieber verzichtet werden. Süße gesündere Leckereien wie z.B. Energiekugeln, Popcorn, Haferriegel mit Schokolade, Puddings und Müslibällchen können leicht selbst zubereitet werden.

6.    Fleisch und Wurstwaren
Wir empfehlen, nach Möglichkeit auf Fleisch zu verzichten. Für Fleischliebhaber*innen gilt die Empfehlung, nicht mehr als 2-3 Mal pro Woche Fleisch zu verzehren und dies unbedingt aus biologischer Haltung zu kaufen. 

7.    Sonnenlicht und Bewegung an der frischen Luft
Jeden Tag ein großer Spaziergang von mindestens 1-2 Stunden, möglichst zur Mittagszeit und in der Sonne, hilft unserem Körper, das immunstärkende Vitamin D zu produzieren. Draußen an der frischen Luft ist es außerdem möglich, die Empfehlung von 2 Meter Abstand gut einzuhalten und so dem Ansteckungsrisiko aus dem Weg zu gehen. Nutzen Sie doch die Zeit für ausgiebige Spaziergänge oder Fahrradtouren und bewegen Sie sich täglich an der frischen Luft. 

Agnes Streber steht als Ernährungsexpertin für Interviews und als Gesprächspartnerin zur Verfügung unter:
Tel: 089/716 77 50 30
Mail: info@kinderleichtmuenchen.deagnes.streber@institut-fuer-welternaehrung.org

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Ökolandbau in der Himalaya-Region: Sikkim voran – die anderen folgen?

Ökolandbau in der Himalaya-Region: Sikkim voran – die anderen folgen?

Ein Beitrag von IWE-Mitglied Alexandra Kandzi

100% Ökolandbau – das hat sich der kleine indische Bundesstaat Sikkim auf die Fahnen geschrieben. Damit ist er zum weltweiten Vorbild, besonders aber zum Vorreiter in der Himalaya-Region geworden. In dieser ökologisch vielfältigen und gleichzeitig sehr empfindlichen Gegend sind damit auch die indischen Nachbarstaaten wie Nagaland, Uttarakhand, Mizoram oder auch die Länder wie Bhutan oder Nepal gefordert. Und erfreulicherweise tut sich hier einiges, wenn es darum geht, den Ökolandbau zu fördern. Dies ist eines der Ergebnisse der Studie „Mainstreaming von ökologischem Landbau und Agrarökologie im Himalaya“, an der u.a. das World Future Council und die deutsche Schweisfurth-Stiftung mitgearbeitet hat.

Modellprojekte, die an die bergigen Standorte angepasst sind, die Förderung von Betriebsmitteln sowie die Weiterbildung von Subsistenz-Bauern sind dabei wichtige Maßnahmen. Besonders erfolgreich ist die Entwicklung des Ökolandbaus in der Himalaya-Region dann, wenn auch die Zusatznutzen dieser schonenden Anbau-Form gesehen und berücksichtigt werden: Sanfter Tourismus als zusätzliche Einnahmequelle sowie Natur-, Gewässer- und Klimaschutz zur Wahrung der Ressourcen.

Besonders letztere haben eine große Bedeutung. Beherbergt die Himalaya-Region doch wertvolle Öko-Systeme, die sich durch eine außergewöhnliche Biodiversität auszeichnen. Außerdem hängt die Wasserversorgung von 1,3 Milliarden Menschen, die im Einzugsgebiet der Bergregion leben, direkt von den Reserven der gigantischen Berggegend ab. Und der Klimawandel verändert und erschwert die Lebensmittelproduktion auf ohnehin nicht einfach zu bewirtschaftenden Flächen.

Das alles haben auch die politischen Entscheider vor Ort in den vergangenen zehn Jahren nicht nur mehr und mehr erkannt, sondern auch motiviert umzusteuern. Während Sikkim den Weg am konsequentesten gegangen ist, sind die anderen Anrainer dabei, Programme und Gesetze zu installieren, die die nachhaltige Landwirtschaft zunehmend implementieren. In vielen Gegenden sind die Voraussetzungen gut für den Bio- Landbau, da die moderne konventionelle Landwirtschaft, die u.a. auf große Flächen und Maschinen setzt, nur schlecht Fuß fassen konnte. Trotzdem müssen Bauern für die Transformation zusätzlich geschult, gefördert und allen voran die regionalen und lokalen Märkte weiterentwickelt werden.

Franz-Theo Gottwald, Vorstand der Schweisfurth Stiftung. Studie: „Mainstreaming von ökologischem Landbau und Agrarökologie im Himalaya

Auch wenn dies in manchen Gegenden noch ein weiter Weg ist, kann am Ende die gesamte Gegend von einer nachhaltigen zukunftsfähigen Landwirtschaft profitieren. Die im Himalaya gesammelten Erkenntnisse und Erfahrungen sind außerdem kostbar für viele Menschen rund um den Globus. Schließlich leben zirka 13% der Weltbevölkerung in Gebirgen und ungefähr die Hälfte der Menschheit hängt direkt von Gebirgsressourcen, vor allem Wasser, ab. Und nicht zuletzt 25% der terrestrischen Biodiversität hat in den Bergen ihre Heimat.

Ökolandbau, der an die Gegebenheiten in Gebirgen angepasst ist, kann damit nicht nur eine resiliente Möglichkeit sein, Lebensmittel zu produzieren, sondern gleichzeitig auch die Möglichkeit bieten, Klima- und Artenschutz in den empfindlichsten Regionen dieser Erde zu betreiben. Der Anfang dafür ist gemacht.

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Dossier: Kirchenland in (Bio-)Bauernhand?

Dossier: Kirchenland in (Bio-)Bauernhand?

Nach welchen Kriterien verpachtet die Kirche ihr Land?
von Karin Vorländer

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gehört mit geschätzten 300.000 Hektar zu den größten Landeigentümern Deutschlands. Der römisch-katholischen Kirche gehören etwa 200.000 Hektar Acker- und Grünland und Wald. Gemeinsam besitzen die beiden Kirchen etwa 3 Prozent der aktuell 16,5 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche in Deutschland größtenteils in den neuen Bundesländern. Das ist eine Größe, die durchaus relevant ist, wenn es um die Frage geht, wie und von wem dieses Land bewirtschaftet wird. Angesichts von zurückgehender Bodenfruchtbarkeit, dramatisch abnehmender Artenvielfalt und immer deutlich werdendem Klimawandel fällt es durchaus ins Gewicht, ob und von wem Kirchenland ökologisch nachhaltig, konventionell oder im Rahmen industrieller Landwirtschaft bearbeitet wird.

Den allergrößten Teil ihres Landes verpachten die Kirchen in den „alten Bundesländern“ zur landwirtschaftlichen Nutzung an Landwirte, deren Familie das kirchliche Pachtland nicht selten schon seit Generationen bewirtschaften. Ausgelaufene Pachtverträge wurden bislang meist mehr oder weniger automatisch verlängert.

Innerkirchlich und in der Gesellschaft mehren sich Stimmen, die von der Kirche eine Vorreiterrolle erwarten, wenn es um die Förderung biologischen Landbaus und die Wertschätzung des Bodens geht. Die Verpflichtung zur Bewahrung der Schöpfung ist in der Kirche, evangelisch und katholisch gleichermaßen, schon seit Jahrzehnten ein wichtiges Thema, das auch für den Umgang mit kircheneigenen Flächen in etlichen Denkschriften und Programmen zum Naturschutz zunehmend relevant wird.

Das Dossier „Kirchenland in (Bio-)Bauernhand?“ von Karin Vorländer können Sie hier herunterladen.

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