Gesundheit beginnt im Boden: Vortrag von Ulrich Köpke

Gesundheit beginnt im Boden: Vortrag von Ulrich Köpke

Den Vortrag „Gesundheit beginnt im Boden – Boden-Mikrobiom – Pflanzen-Mikrobiom, Ernährung und globale Gesundheit“ hielt Prof. Dr. Ulrich Köpke im Rahmen der Mitgliederversammlung des Instituts für Welternährung im Januar 2022.

Prof. Dr. Ulrich Köpke war von 1987 bis 2017 Universitätsprofessor für Organischen Landbau, gründete 1990 das Institut für Organischen Landbau (IOL) an der Universität Bonn und war bis 2017 dessen Direktor.

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IWE -Studie: Bundeskantinen ökologisch mangelhaft

IWE -Studie: Bundeskantinen ökologisch mangelhaft

Was in den Bundeskantinen in Töpfen und Pfannen für die Bundesbediensteten angerichtet wird, dürfte der Regierung selbst kaum schmecken. Denn was da täglich tausendfach auf den Tellern landet, ist alles andere als klimafreundlich und verträgt sich in der Mehrzahl der Fälle weder mit den klimapolitischen Zielen noch mit dem ökologischen Anspruch der neuen Regierung.

Das jedenfalls ergibt eine jüngst abgeschlossene Studie zur Verpflegung in den bundeseigenen Kantinen, die das Institut für Welternährung in Kooperation mit der Hochschule Darmstadt durchgeführt hat. [1]

Das Fazit: Die Bundesregierung schadet durch ihre Kantinenwirtschaft dem eigenen Ansehen und der internationalen Glaubwürdigkeit ihrer Politik.

Die Erkenntnisse, die Svea Spieker, Hochschule Darmstadt, Fachbereich Media im Rahmen ihrer Masterarbeit bei 54 Kantinen des Bundes gewonnen hat, zeigen:  

  • dass gerade Fleisch zu häufig und in zu großen Mengen auf dem Teller landet und mit bis zu 750 Gramm pro Woche teilweise mehr als drei Mal so hoch liegt wie die von Experten empfohlene Menge von max. 200 Gramm
  • dass vegetarische und vegane Gerichte zu selten angeboten werden
  • dass Kriterien wie bio, regional und fair bei den Bundeskantinen bislang unterbelichtet sind
  • dass Kommunikation mit der Kantinenkundschaft über die Nachhaltigkeit des Speiseangebots nur in Ansätzen stattfindet. Bei den Entscheidungen über die Umwelt- und Klimaverträglichkeit bleibt der Essensgast weitestgehend sich selbst überlassen.
  • dass lokale Anbieter, regionale Verarbeiter und kleinere Bauern keinen angemessenen Platz als Zulieferer finden
  • dass es nur in einem Drittel der Kantinen verbindliche Vorgaben des Bundes in Sachen Nachhaltigkeit gibt

Dabei gibt die Studie nach dem Urteil der Autorin noch eher die Sonnenseite der Kantinenwirtschaft des Bundes wieder. Denn von den 150 angeschriebenen Kantinen haben nur ein Drittel teilgenommen. Es ist anzunehmen, dass diese auch in Sachen Nachhaltigkeit die Motivierteren sind. Zwei Drittel lehnten trotz Nachfragen eine Teilnahme ab.

Unter dem Strich, so Agnes Streber, Projektleiterin:

  • verfehle die Bundesregierung in ihren Kantinen die eigenen Umweltziele und Nachhaltigkeitsansprüche,
  • versage damit als Motor für eine klimaverträgliche Ernährungswende,
  • vergibt die Chance, regionale ökologische Wirtschafts- und Ernährungskreisläufe zu stärken
  • und verpasst die Möglichkeit, mit ihren Kantinen Standards für Klima und Gesundheit zu setzen, die in Kitas, Schulen und Mensen als Vorbild dienen könnten

Die derzeitige Praxis in Bundeskantinen, so der Sprecher des Instituts für Welternährung Wilfried Bommert, liegt weit hinter den Zielen, die die Bundesregierung 2021 in ihrem „Maßnahmenprogramm Nachhaltigkeit – Weiterentwicklung 2021“ selbst beschlossen hat und stelle die Glaubwürdigkeit der klima-, tierschutz-, umwelt- und gesundheitspolitischen Ziele der Ampelkoalition in Frage.

Vor dem Hintergrund der drängenden ökologischen Krise und der rasant steigenden Fehlernährung der deutschen Bevölkerung legt die Studie den dringenden Handlungsbedarf des Bundes in seiner Kantinenwirtschaft offen und betont dabei fünf Bereiche besonders:

  1. Vorrang für vegetarische und vegane Speisen
  2. Vorrang für bio, regional, saisonal und fair
  3. Vorrang für ökologische Kundenkommunikation mit den Kantinenbesuchern
  4. Vorrang für kleinere, lokale Anbieter sowie regionale Verarbeiter und Landwirte
  5. Verbindliche Vorgaben des Bundes in Sachen Nachhaltigkeit

Eine Zusammenfassung der Studienergebnisse können Sie hier als PDF herunterladen, die Studie „On the Way to a Sustainable Future“ finden Sie hier.

Pressekontakt Institut für Welternährung: Sabine Jacobs
Tel.: +49 (0) 2293 815 07 0 / Fax: +49 (0) 2293-815071
Mail: sabine.jacobs@institut-fuer-welternaehrung.org 


[1]On the Way to a Sustainable Future
Analysis and Optimisation of Sustainability Management and Communication using the Example of the Food Sector
Final thesis in the course of study Media, Technology and Society to obtain the academic degree Master of Science (M.Sc.) submitted by Svea Spieker, Matriculation number 752 832 , August 2021

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Buchtipp: „Berlin isst anders“

Buchtipp: „Berlin isst anders“

Die Metropolregion Berlin-Brandenburg hat riesiges Potenzial, zu einem Zentrum der Ernährungswende zu werden – das ist die zentrale These des vom Ernährungsrat Berlin herausgegebenen Buchs „Berlin isst anders. Ein Zukunftsmenü für Berlin und Brandenburg“.

Neben extrem vielen Initiativen und Projekten gibt es in der Region hochrangige Forschungseinrichtungen und Hochschulen, die zum Thema arbeiten. Auch die Landesregierung hat mit ihrer Unterschrift unter das Mailänder Abkommen erklärt, ein nachhaltiges Ernährungssystem aufbauen zu wollen.

Das Buch liefert nicht nur eine kritische Bestandsaufnahme, wie zum Beispiel, dass 21 bis 37 Prozent der klimaschädlichen Gase auf die heutige Art der Ernährung zurückzuführen sind, immer mehr Menschen an Übergewicht und Allergien leiden, und die Lebensmittelvorräte in der Stadt gerade einmal für drei Tage reichen. Es macht auch Hoffnung, vorausgesetzt die Politik nimmt sich des Themas in angemessener Weise an.

Der Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) Johan Rockström hat mit einem Team einen konkreten Speiseplan pro Kopf erarbeitet, der für Planet und Menschheit dauerhaft gesund ist. Die TU Berlin konnte mit einem Praxisversuch nachweisen, dass auf Berlins Dächern große Teile des benötigten Frischgemüses und erhebliche Mengen Fisch produzierbar sind. Die Hochschule für Nachhaltige Entwicklung in Eberswalde (HNEE) erforscht, wie mehr Lebensmittel aus Brandenburg nach Berlin gelangen können – denn heute bauen die meisten Brandenburger Betriebe für den Weltmarkt an. Dabei könnte die Stadt mit ihren 3,7 Millionen Einwohnern aus einem Umkreis von etwa 100 Kilometern ernährt werden, wie das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) errechnet hat.

Viele Initiativen und Unternehmen arbeiten an innovativen Lösungen – von Zusammenschlüssen von Bäuerinnen und Konsumenten über Logistikkonzepte bis hin zu vielfältigen Kultur-, Bildungs- und Urban-Gardening-Projekten. „Eine nachhaltigere Ernährung braucht viele Akteure, und die Arbeit von Ernährungsräten und anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren ist enorm wichtig” sagte Professor Harald Grethe von der Humboldt-Universität. Unter seiner Leitung hatte der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz im vergangenen Jahr das 800-Seiten-Gutachten ‘Politik für eine nachhaltige Ernährung’ veröffentlicht. „Die Agrar- und Ernährungspolitik agiert viel zu zögerlich und es braucht mehr politischen Mut zur Gestaltung der erforderlichen Nachhaltigkeitstransformation”, so Grethe weiter.

Deshalb fordert der Ernährungsrat Berlin von der neuen Landesregierung, dass sie Ernährung als Querschnittsthema ganz oben ansiedelt. Viele Ressorts müssen zusammenarbeiten, denn es geht um Änderungen in den Bereichen Gesundheit, Bildung, Klima- und Umweltschutz, Wirtschaft, Sozialpolitik, Arbeit, Verbraucherschutz, Verkehr, Kultur und Forschung. Außerdem ist insbesondere wegen der Landwirtschaft eine enge Kooperation mit Brandenburg dringend geboten. Zugleich wird die Ernährungswende aber nur gelingen, wenn die Bevölkerung mitzieht.

Deshalb schlägt der Berliner Ernährungsrat die Errichtung einen Ernährungscampus vor, wo die Stadtgesellschaft gemeinsam und partizipativ Antworten sucht auf die drängende Frage: Wie können Produktion und Konsum aller Lebensmittel die planetaren Grenzen wahren und zugleich sozial fair sein? „Heute verdienen einige Wenige Milliarden mit skandalösen Arbeitsbedingungen in Schlachthöfen und durch zentralisierte Handelsstrukturen – und zugleich reichen die Hartz IV-Sätze nicht aus, um Lebensmittel nach dem Standard der Deutschen Gesellschaft für Ernährung einzukaufen“, sagt Sabine Werth, Gründerin und Vorsitzende der Berliner Tafel. Werth verweist außerdem darauf, dass die hohen Mieten und die mangelhafte Versorgung armer Bevölkerungsgruppen mit guten Lebensmitteln einen unmittelbaren Zusammenhang haben. Eltern die Schuld für das Übergewicht ihrer Kinder zu geben, sei vor diesem Hintergrund zynisch.

Der Berliner Ernährungsrat hat für das Buch mit Forscherinnen und Caterern, Bauern, Bäckerinnen und Lehrern, Menschen aus der Verwaltung und Armutsbetroffenen gesprochen. Der Slow Food Chef Alliance-Koch Ottmar Pohl-Hoffbauer arbeitet jetzt in einer Kita und versorgt dort 100 Kinder aller sozialer Herkünfte mit bioregionalem Essen. „Weil wir auf Fleisch verzichten und praktisch nichts wegwerfen, ist das Angebot sogar günstiger als vorher, als noch ein Caterer das Essen geliefert hat“, berichtete Pohl-Hoffbauer. Er selbst wird jetzt wie ein Angestellter im Öffentlichen Dienst bezahlt und ist begeistert von seiner neuen Arbeit: „Ich lerne hier unglaublich viel darüber, wie ich Gemüse zubereiten muss, damit es den Kindern schmeckt.“

Der Ernährungsrat Berlin möchte mit dem Buch Politiker*innen sowie Zivilgesellschaft aufrütteln und Mut machen, sich mehr für das zentrale Thema Ernährung zu engagieren.

Das Buch „Berlin isst anders. Ein Zukunftsmenü für Berlin und Brandenburg“ kann hier kostenlos als PDF heruntergeladen werden. Eine Druckversion kann zum Solidaritätspreis von 20,30 Euro über epubli bestellt werden. Zudem ist das Buch im Buchandel erhältlich.

IWEBuchtipp: „Berlin isst anders“
Dokumentation: „Agrarökologische Konzepte“ IWE-Sommerakademie

Dokumentation: „Agrarökologische Konzepte“ IWE-Sommerakademie

Credit: Agroscope, CC BY-ND 2.0

Land unter, der Klimawandel zeigt seine Gewalt, jetzt auch bei uns. Corona hat uns davon abgelenkt, dass sich im Hintergrund eine explosive Gemengelage aufgebaut hat, die nichts Gutes für die Welternährung verheißt. Klimaextreme, Artensterben, Schwund fruchtbarer Böden und Wasserreserven, die Landwirtschaft der Zukunft muss diesen Herausforderungen nicht nur gewachsen sein, sie muss heilen und regenerieren, was zerstört und geschädigt ist. Vom Klima über die Artenvielfalt bis zur Bodenfurchtbarkeit. Es geht um aufbauende agrarökologische Konzepte. Wie muss der Goldstandard einer zukunftsfähigen Landbewirtschaftung aussehen?

Unsere IWE-Sommerakademie 2021 ist dieser Frage unter dem Titel „Agrarökologische Konzepte als künftiger Goldstandard der Landwirtschaft?“ nachgegangen. Im Folgenden finden Sie die Aufzeichnungen der Vorträge von Prof. Dr. Josef Settele und Professor Antônio Andrioli.

1. Prof. Dr. Josef Settele: „Klima, biologische Vielfalt und zukunftsfähige Ernährungssysteme“

Professor Settele arbeitet am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ in Halle zum Schwerpunkt Biodiversität, Landnutzung und sozial-ökologische Systeme. Er ist Mitglied des Sachverständigenrates für Umweltfragen der deutschen Bundesregierung. Jüngst wirkte er mit an einer Studie, die vom Weltklimarat IPCC und dem Weltbiodiversitätsrat IPBES gemeinsam erarbeitet wurde und herausstellt: Klimakrise und Artensterben haben eine gemeinsame Wurzel, unsere Art zu wirtschaften. Sie verstärken sich gegenseitig und können nur gemeinsam bekämpft werden. Dabei spielt die Landwirtschaft eine der wichtigsten Rollen.

Den Vortrag gibt es hier zusätzlich zum Download:


3. Professor Antônio Andrioli: „Eine Universität für zukunftsfähige Landwirtschaft“ 

Professor Antônio Andrioli gehört zu den Gründern der „Universidade Federal da Fronteira Sul“ in Süd-Brasilien. Hier werden Agrarökologische Landbaumethoden gelehrt und in den Alltag der brasilianischen Landwirtschaft übertragen. Professor Andrioli wird uns über seine Erfahrungen auf dem Weg in eine zukunftsfähige Landwirtschaft berichten. Und über die Auseinandersetzung mit der Agrarindustrie, die die Politik in Brasilien bestimmt.

IWEDokumentation: „Agrarökologische Konzepte“ IWE-Sommerakademie
Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft

Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft

„Die Arbeit der Zukunftskommission Landwirtschaft markiert eine neuen Ansatz für die Ernährungspolitik. Bemerkenswert ist, dass die Bundeskanzlerin die Aufgabe an sich aus dem Ministerium gezogen hat, das eigentlich dafür zuständig war. Sie hat damit nicht nur der Ressortchefin, sondern auch dem Ressort ihr Vertrauen entzogen. Diese Entscheidung entspricht einer Entmachtung der Agrarlobby, die bisher, trotz Massendemonstrationen, den Staus Quo bewahren wollte. Sie eröffnet die Chance, die Diskussion um die Zukunft der Ernährung neu zu ressortieren. Und den Konsens darüber als Ergebnis eines offenen, breit angelegten Gesprächs über Interessengegensätze hinweg zu organisieren. Das steht nicht im Bericht der Zukunftskommission Landwirtschaft, es ist die Lehre, die ihr Wirken hinterläßt.“ – Wilfried Bommert , Vorstandssprecher IWE

Auszug aus der Executive Summary, „Zukunft Landwirtschaft – Eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, Empfehlungen der Zukunftskommission Landwirtschaft

In der Richtung seiner Analysen und Empfehlungen lässt sich dieser Abschlussbericht auch leiten von einer Vision für die Zukunft des Landwirtschafts- und Ernährungssystems, welche die Vertreterinnen der Jugend im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland und des Bundes der Deutschen Landjugend für die ZKL gemeinsam ent- wickelt haben. Diese Zukunftsvision verbindet die Bedürfnisse von landwirtschaftlichen Erzeuger:innen und Verbraucher:innen, von Natur, Umwelt und kommenden Generationen weltweit. Ihr zufolge sollten Landwirt:innen breite gesellschaftliche Anerkennung inkl. finanzieller Entlohnung erhalten, denn sie übernehmen gesellschaftliche und ökologische Verantwortung. In Zukunft trägt die Landwirtschaft zum Erhalt der Biodiversität bei und wirkt positiv auf unser Klima. Ebenso wichtige Elemente des Zukunftsbildes sind die faire Gestaltung der Zusammenarbeit mit vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen, die Stärkung und überwiegende Nutzung von regionalen Kreisläufen und eine idealerweise stabile bis steigende Anzahl der Höfe. Ebenfalls zeigt das Zukunftsbild zufriedene Landwirt:innen, die ihren Beruf gerne ausüben. Es zeigt auch die Haltung von Tieren unter hohen Tierschutzstandards, über Lebensmittelqualitäten gut informierte Verbraucher:innen, die Einhaltung von klimapolitischen Vereinbarungen sowie vielfältige Anwendungen der Digitalisierung.

Der Abschlussbericht der ZKL beschreibt Entwicklungspfade in eine solche Zukunft. Sie sollen die Risiken dieser Transformation beherrschbar machen, Planungssicherheit ermöglichen und ihre Akzeptanz insbesondere auch aufseiten der Landwirt:innen erhöhen. Vor allem anderen sollen sie die ökologische Nachhaltigkeit des deutschen Agrar- und Ernährungssystems deutlich verbessern, seine ökonomische Tragfähigkeit dauerhaft sichern sowie Produktionsverlagerungen in europäische wie außereuropäische Regionen mit geringeren ökologischen und sozialen Standards entgegenwirken.

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IPBES-IPCC Workshop Report: Biodiversity & Climate Change

IPBES-IPCC Workshop Report: Biodiversity & Climate Change

IPBES-IPCC Workshop-Bericht zu Biodiversität und Klimawandel

Die Auswirkungen des Klimawandels und des Verlustes der biologischen Vielfalt sind zwei der wichtigsten Herausforderungen und Risiken für die menschliche Gesellschaft. Gleichzeitig sind Klima und Biodiversität eng miteinander verflochten. Der Klimawandel verschärft die Risiken für die biologische Vielfalt sowie die natürlichen und bewirtschafteten Lebensräume; gleichzeitig spielen die natürlichen und bewirtschafteten Ökosysteme und ihre biologische Vielfalt eine Schlüsselrolle bei der Freisetzung wie auch der Bindung von Treibhausgasen sowie bei der Klimaanpassung.

Im vergangenen Dezember nahmen 50 der weltweit führenden Biodiversitäts- und Klimaexpert*innen an einem Workshop teil, um verschiedene Facetten der Wechselwirkung zwischen Klima und biologischer Vielfalt, von aktuellen Trends bis hin zur Rolle und Umsetzung naturbasierter Lösungen und der nachhaltigen Entwicklung der menschlichen Gesellschaft zu untersuchen.

Der gemeinsam von IPBES und IPCC gesponserte Workshop-Bericht zu Biodiversität und Klimawandel, wurde am 10. Juni 2021 vorgestellt. Dies ist die allererste Zusammenarbeit zwischen den beiden zwischenstaatlichen Gremien für Wissenschaft und Politik.

Eine deutsche Kurzfassung der wissenschaftlichen Ergebnisse finden Sie hier.

Den vollständigen IPCC-IPBES Workshop-Bericht „Biodiversity & Climate Change“ (englisch) finden Sie hier.

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Klimawandel: Ursachen, Folgen und Handlungsmöglichkeiten

Klimawandel: Ursachen, Folgen und Handlungsmöglichkeiten

Warum ist schnelles Handeln zum Schutz des Klimas so wichtig und auf welche wissenschaftlichen Grundlagen stützen sich die Berechnungen zu Ursachen und Folgen des Klimawandels? Das erklärt die Leopoldina in ihrem aktuellen „Factsheet Klimawandel: Ursachen, Folgen und Handlungsmöglichkeiten“.

Die Publikation bereitet in den ersten beiden Kapiteln das derzeit verfügbare Wissen über Ursachen und Folgen des Klimawandels allgemeinverständlich auf. Die Zusammenhänge und Daten werden in Grafiken veranschaulicht und kompakt erklärt. Im Kapitel „Ursachen des Klimawandels“ werden unter anderem der Treibhauseffekt erklärt, die Entwicklung der atmosphärischen Treibhausgaskonzentration im Verlauf der Erdgeschichte geschildert und die Geschwindigkeit der durch Menschen verursachten Erderwärmung aufgezeigt. Inhalte des Kapitels „Folgen des Klimawandels“ sind unter anderem Extremwetterereignisse, der Meeresspiegelanstieg, Dürre sowie die Auswirkungen des Klimawandels auf Gesundheit und Ernährungssicherheit. Zudem wird die Rolle von Kippelementen erklärt.

Im Kapitel „Maßnahmen gegen den Klimawandel“ werden die bisher beschlossenen Emissionsreduzierungen diskutiert. Weitere Themen sind Technologien für „Negative Emissionen“, CO₂-Bepreisung, natürliche CO₂-Speicher wie Böden, Wälder und Ozeane sowie die Verteilung des verbleibenden Emissionsbudgets als politisch-ethische Frage.

Hier einige Auszüge aus dem Factsheet zum Thema Landwirtschaft und Welternährung:

Der Klimawandel verursacht Hunger und Ernährungskrisen

  • In der Landwirtschaft werden sich die Folgen des Klimawandels am stärksten bemerkbar machen. Der Klimawandel beeinflusst die Produktion von Lebensmitteln, ihre Qualität, ihren Preis und ihre Verfügbarkeit. Er ist damit ein zusätzlicher Faktor, der dem Erreichen des „Zero Hunger“-Ziels für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN-SDGs) entgegenwirkt.
  • Der Klimawandel wirkt sich über den Temperaturanstieg, die Verschiebung von Klimazonen und extreme Wetterereignisse weltweit negativ auf die Erträge von Landwirtschaft, Viehhaltung und Fischerei aus.
  • Zu einer zusätzlichen Verknappung der landwirtschaftlichen Erträge kommt es durch Ernte- und Nachernteverluste infolge der klimatisch bedingten verstärkten Ausbreitung von Schädlingen und Krankheiten.
  • Langfristig ist davon auszugehen, dass die klimawandelbedingten Verschiebungen in der weltweiten landwirtschaftlichen Produktion den internationalen Handel mit Lebensmittel verändern werden.

Die bestehenden Kohlenstoffsenken wie Böden, Wälder und Ozean müssen gesichert werden

  • In den letzten Jahrzehnten haben Böden, Wälder und der Ozean etwa die Hälfte der von Menschen verursachten CO2 -Emissionen aufgenommen.
  • Es ist unsicher, wie lange Böden und Wälder noch weiter CO2 aufnehmen können. Es ist möglich, dass sich ab ca. 2050 der Effekt umkehrt und sie weiteres CO2 ausstoßen, statt es aufzunehmen, so dass sich die Erderwärmung noch verstärkt.
  • Die Fähigkeit dieser Senken, Kohlenstoff aufzunehmen, muss gesichert werden. Bei intensiver Nutzung verlieren Wälder und Böden jedoch ihre Speicherfunktion.
  • In Deutschland spielen Moorböden beim Klimaschutz eine wichtige Rolle. Landwirtschaftlich genutztes Grünland befindet sich oft auf ehemaligen Mooren. Solches Grünland macht 7 % der landwirtschaftlichen Fläche aus, verursacht jedoch 35 % der Klima-Emissionen der Landwirtschaft. Um die Senkenfunktion der Moore wiederherzustellen, ist eine weitgehende Wiedervernässung notwendig.

Das „Factsheet Klimawandel: Ursachen, Folgen und Handlungsmöglichkeiten“ wird herausgegeben von der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und kann hier als PDF heruntergeladen werden.

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Gentechnik muss auch in Zukunft strikt reguliert werden

Gentechnik muss auch in Zukunft strikt reguliert werden

Gentechnik muss auch in Zukunft strikt reguliert werden: Breites Bündnis von Organisationen stellt Positionspapier vor
 
Seit Jahren lobbyieren Industrie und Gentechnik-Befürworter*innen dafür, neue Gentechnikverfahren wie CRISPR/Cas von der Gentechnik-Gesetzgebung auszunehmen. Sie wollen damit die derzeitige Definition von Gentechnik aufweichen. Das gefährdet die Wahlfreiheit und die Sicherheit von Mensch und Umwelt.
 
Insgesamt 94 Organisationen aus den Bereichen Umwelt-, Tier- und Naturschutz, Entwicklungspolitik, Kirchen, Verbraucherschutz, Landwirtschaft, Züchtung, Lebensmittelwirtschaft und Imkerei sowie Jugendorganisationen fordern die Bundesregierung in einem heute veröffentlichten Positionspapier auf, in Deutschland und auf europäischer Ebene alle derzeitigen wie künftigen Gentechnikmethoden und die daraus entstehenden gentechnisch veränderten Organismen (GVO) weiterhin unter dem bestehenden EU-Gentechnikrecht zu regulieren und zu kennzeichnen.
 
„Es steht viel auf dem Spiel. Wenn die neue Gentechnik nicht wie bisher reguliert wird, ist die Freiheit bedroht, gentechnikfreie Lebensmittel zu erzeugen und zu wählen. Der überfällige Umbau zu einer nachhaltigen, bäuerlich-ökologischen Landwirtschaft würde damit massiv gefährdet,“ kommentiert Florian Schöne, Geschäftsführer des Umweltdachverbands Deutscher Naturschutzring (DNR). „Hinzu kommt: Neue Anwendungen wie Gene-Drive-Organismen betreffen auch wildlebende Arten und könnten damit negative Folgen für ganze Ökosysteme zur Folge haben“, ergänzt Schöne.

„Die Behauptung der Befürworter gentechnischer Manipulationen, dass damit Klimaextreme oder der Verlust der biologischen Vielfalt zu meistern sei, halte ich für leere Versprechen und vergeudete Zeit,“ erklärt Wilfried Bommert, Vorstandssprecher des Institut für Welternährung. „Die zunehmende Instabilität unseres Ernährungssystems angesichts von Klimakrise und schwindender Biodiversität kann nur mit mehr Vielfalt, mit agrarökologischen Anbausystem wirkungsvoll begegnet werden.“

 Die Organisationen fordern deshalb, dass auch für neue Gentechnik das Vorsorgeprinzip weiterhin gilt und die Wahl- und Gentechnikfreiheit durch Kennzeichnung und Transparenz, Zulassung und Rückverfolgbarkeit gesichert bleibt.
 
Das gemeinsame Positionspapier „Gentechnik auch in Zukunft strikt regulieren“ finden Sie hier zum Download.

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Making Better Policies for Food Systems

Making Better Policies for Food Systems

Food systems around the world face a triple challenge: providing food security and nutrition for a growing global population; supporting livelihoods for those working along the food supply chain; and contributing to environmental sustainability. Better policies hold tremendous promise for making progress in these domains. The report „Making Better Policies for Food Systems“, published by OECD, focuses on three questions.

What has been the performance of food systems to date, and what role did policies play? How can policy makers design coherent policies across the triple challenge? And how can policy makers deal with frictions related to facts, interests, and values, which often complicate the task of achieving better policies? Better policies will require breaking down silos between agriculture, health, and environmental policies, and overcoming knowledge gaps, resistance from interest groups, and differing values. Robust, inclusive, evidence-based processes are thus essential to making better policies for food systems.

Read the OECD-report „Making Better Policies for Food Systems“ (2021) here.

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Buchbesprechung: „Einfach Essen“ von Thomas A. Vilgis

Buchbesprechung: „Einfach Essen“ von Thomas A. Vilgis

„Einfach Essen – Gegen den Ernährungswahn in unseren Köpfen“
von Thomas A. Vilgis

Eine Buchbesprechung von Wilfried Bommert

Thomas Vilgis ist Professor der Physik. Seine Spezialität ist die weiche Materie, sein Arbeitsplatz das Max-Plank-Institut in Mainz. Und er liebt es zu essen, einfaches Essen. Darum geht es ihm in seinem Buch „Einfach Essen – Gegen den Ernährungswahn in unseren Köpfen“ über 261 genussvolle Seiten.

Wer hier ein abgeklärtes Sachbuch erwartet, wird enttäuscht. Wer ein akademisches Kochbuch lesen möchte auch. Aus Thomas Vilgis spricht ein Genussforscher, der das einfache Essen schätzt und verabscheut, was in den Kochshows und -zeitschriften als Trend gefeiert und als Unheil verteufelt wird. Und er weiß süffisant zu beschreiben, was er vor seinem Publikum seziert und zelebriert.
 
Thomas Vilgis beginnt dort, wo unser Sinn für Essen entstand, auf dem Weg zur Menschwerdung. Wo er vor der Steinzeit schon eine „Happy Hour“ ausmacht. Wir erfahren, wie das Feuer die Esskultur verwandelte, wie Sesshaftigkeit und Fermentieren den Speiseplan erweitert haben und damit die Grundlage für das legten, was die eigentlichen „Mittel zum Leben“ sind.

Dann aber beginnt so etwas wie eine Abrechnung mit dem, was wir mit Gesundheits- und Selbstoptimierungswahn aus unserer Esskultur gemacht haben. Ein Denkgebäude, in dem Aberglauben und Einfalt regieren, in dem immer neue Ernährungsmythen durch die Gazetten getrieben werden. Rotes Fleisch, Acrylamid, Glyphosat, Nitrosamine. Für Vilgis ein Kessel voller „fettgesättigter Ängste“. Er nimmt sich die neuen Trends von Superfood über „Frei vom Tier“ bis „Frei von vegan“ vor, geißelt das Essen auf Mausklick, und kritisiert die neue Küche als “Brutal, regional“. Und landet dort, wo man bei einer solchen Höllenfahrt landen muss, beim Ausruf: So kann es nicht weitergehen!
 
Aber es muss ja weiter gehen. Und für diesen Fall bietet er eine Küche an, deren Zutaten einfach daher kommen, aber schwierig zu beschaffen sind: Gelassenheit, Fantasie und Kreativität. Dieses Kapitel wie auch die anderen spickt Vilgis mit Rezepten über „Lauchwurzel im Bierteig“, „Röstspaghetti mit Nussbutter, Knoblauch und Haselnüssen“ und mit dem Hinweis, dass auch ein wenig oral aufgenommener Dreck nicht schaden könne.
 
Der Autor macht aus seiner Seele keine Mördergrube. Er zieht hinlänglich von Leder gegenüber wissenschaftlichen Studien, wie sie im Bereich Ernährung an der Tagesordnung sind, aber nach seinen Recherchen nicht einmal primitivsten Maßstäben wissenschaftlicher Glaubwürdigkeit entsprechen. Dabei stürzt er vieles von seinen tönernen Beinen und lässt an allzu einfachen Glaubenssätzen der Ernährungswissenschaft kein gutes Haar.  
 
Doch er endet nicht im Zorn, sondern entlässt den Leser versöhnlich mit 10 Ratschlägen für ein besseres Essen. Die beginnen mit: Koche selbst, misstraue der Werbung, lass die Finger von Superfood, esse, was der Bauer um die Ecke anbaut, nutze die Saison. Und wem das zu frugal erscheint, der findet am Ende dann doch noch eine Empfehlung, die den Autor endgültig als Genussmenschen entlarvt: Koche und iss mindestens ein Menü am Tag, das die Komponenten roh, gekocht und fermentiert enthält. Beginne mit einem kleinen Aperitif, dazu ein paar Nüssen und/oder Oliven. Schließe es mit ein wenig Käse nach dem Hauptgang und frischem Obst als Dessert und einem finalen Stückchen Schokolade.

Thomas Vilgis ist ein unterhaltsames und sehr engagiertes Buch zur Esskultur im 21. Jahrhundert gelungen. Es spart nicht mit Witz und Ironie, es ist ein Genuss. Und wie der Titel schon andeutet: Einfach zu Lesen.

„Einfach Essen  – Gegen den Ernährungswahn in unsern Köpfen“ von Thomas A. Vilgis; S. Hirzel Verlag 2020

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