Buchbesprechung: „Einfach Essen“ von Thomas A. Vilgis

Buchbesprechung: „Einfach Essen“ von Thomas A. Vilgis

„Einfach Essen – Gegen den Ernährungswahn in unseren Köpfen“
von Thomas A. Vilgis

Eine Buchbesprechung von Wilfried Bommert

Thomas Vilgis ist Professor der Physik. Seine Spezialität ist die weiche Materie, sein Arbeitsplatz das Max-Plank-Institut in Mainz. Und er liebt es zu essen, einfaches Essen. Darum geht es ihm in seinem Buch „Einfach Essen – Gegen den Ernährungswahn in unseren Köpfen“ über 261 genussvolle Seiten.

Wer hier ein abgeklärtes Sachbuch erwartet, wird enttäuscht. Wer ein akademisches Kochbuch lesen möchte auch. Aus Thomas Vilgis spricht ein Genussforscher, der das einfache Essen schätzt und verabscheut, was in den Kochshows und -zeitschriften als Trend gefeiert und als Unheil verteufelt wird. Und er weiß süffisant zu beschreiben, was er vor seinem Publikum seziert und zelebriert.
 
Thomas Vilgis beginnt dort, wo unser Sinn für Essen entstand, auf dem Weg zur Menschwerdung. Wo er vor der Steinzeit schon eine „Happy Hour“ ausmacht. Wir erfahren, wie das Feuer die Esskultur verwandelte, wie Sesshaftigkeit und Fermentieren den Speiseplan erweitert haben und damit die Grundlage für das legten, was die eigentlichen „Mittel zum Leben“ sind.

Dann aber beginnt so etwas wie eine Abrechnung mit dem, was wir mit Gesundheits- und Selbstoptimierungswahn aus unserer Esskultur gemacht haben. Ein Denkgebäude, in dem Aberglauben und Einfalt regieren, in dem immer neue Ernährungsmythen durch die Gazetten getrieben werden. Rotes Fleisch, Acrylamid, Glyphosat, Nitrosamine. Für Vilgis ein Kessel voller „fettgesättigter Ängste“. Er nimmt sich die neuen Trends von Superfood über „Frei vom Tier“ bis „Frei von vegan“ vor, geißelt das Essen auf Mausklick, und kritisiert die neue Küche als “Brutal, regional“. Und landet dort, wo man bei einer solchen Höllenfahrt landen muss, beim Ausruf: So kann es nicht weitergehen!
 
Aber es muss ja weiter gehen. Und für diesen Fall bietet er eine Küche an, deren Zutaten einfach daher kommen, aber schwierig zu beschaffen sind: Gelassenheit, Fantasie und Kreativität. Dieses Kapitel wie auch die anderen spickt Vilgis mit Rezepten über „Lauchwurzel im Bierteig“, „Röstspaghetti mit Nussbutter, Knoblauch und Haselnüssen“ und mit dem Hinweis, dass auch ein wenig oral aufgenommener Dreck nicht schaden könne.
 
Der Autor macht aus seiner Seele keine Mördergrube. Er zieht hinlänglich von Leder gegenüber wissenschaftlichen Studien, wie sie im Bereich Ernährung an der Tagesordnung sind, aber nach seinen Recherchen nicht einmal primitivsten Maßstäben wissenschaftlicher Glaubwürdigkeit entsprechen. Dabei stürzt er vieles von seinen tönernen Beinen und lässt an allzu einfachen Glaubenssätzen der Ernährungswissenschaft kein gutes Haar.  
 
Doch er endet nicht im Zorn, sondern entlässt den Leser versöhnlich mit 10 Ratschlägen für ein besseres Essen. Die beginnen mit: Koche selbst, misstraue der Werbung, lass die Finger von Superfood, esse, was der Bauer um die Ecke anbaut, nutze die Saison. Und wem das zu frugal erscheint, der findet am Ende dann doch noch eine Empfehlung, die den Autor endgültig als Genussmenschen entlarvt: Koche und iss mindestens ein Menü am Tag, das die Komponenten roh, gekocht und fermentiert enthält. Beginne mit einem kleinen Aperitif, dazu ein paar Nüssen und/oder Oliven. Schließe es mit ein wenig Käse nach dem Hauptgang und frischem Obst als Dessert und einem finalen Stückchen Schokolade.

Thomas Vilgis ist ein unterhaltsames und sehr engagiertes Buch zur Esskultur im 21. Jahrhundert gelungen. Es spart nicht mit Witz und Ironie, es ist ein Genuss. Und wie der Titel schon andeutet: Einfach zu Lesen.

„Einfach Essen  – Gegen den Ernährungswahn in unsern Köpfen“ von Thomas A. Vilgis; S. Hirzel Verlag 2020

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Für einen globalen Ökohumanismus

Für einen globalen Ökohumanismus

Die kommenden gesellschaftlichen Großkonflikte werden ganz erheblich von ökologischen Faktoren beeinflusst. Dennoch wird die ökologische Frage nicht im Zentrum stehen, da kurz- und mittelfristig soziale Spannungen in den Vordergrund drängen. Wie kann sie dennoch die nötige Berücksichtigung erfahren? 

Durch eine Weiterentwicklung ökologischen Denkens zu einem radikalen und globalen Ökohumanismus – sagen Pierre L. Ibisch und Jörg Sommer. Die beiden Mitherausgeber des  JAHRBUCH ÖKOLOGIE laden zu einer offenen Debatte ein: Wie muss sich unser Denken im Anthropozän verändern, damit wir eine ökologisch verträgliche und sozial gerechte Zukunft gestalten können.

Dieses ePaper von Pierre L. Ibisch und Jörg Sommer ist als Abschlusskapitel des JAHRBUCH ÖKOLOGIE 2021 „Ökologie und Heimat“ erschienen und steht hier zum kostenlosen Download zur Verfügung.

Pierre L. Ibisch ist Biologe und Professor für Nature Conservation und Direktor des Centre for Econics and Ecosystem Management an der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde; Forschungsprofessur für Ökosystembasierte nachhaltige Entwicklung; stv. Vorsitzender der Deutschen Umweltstiftung; Mitherausgeber des JAHRBUCH ÖKOLOGIE.

Jörg Sommer arbeitet als Sozialwissenschaftler und Publizist. Er ist u.a. Vorsitzender der Deutschen Umweltstiftung, Direktor des Berlin Institut für Partizipation, Vorsitzender der Gesellschaft für Jugend und Sozialforschung, Koordinator der Allianz Vielfältige Demokratie und geschäftsführender Herausgeber des JAHRBUCH ÖKOLOGIE. 

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TV-Tipp: Billiges Fleisch – Wer bezahlt für die kleinen Preise?

TV-Tipp: Billiges Fleisch – Wer bezahlt für die kleinen Preise?

Die Deutschen genießen billiges Fleisch – selten haben sie weniger Geld für dieses Lebensmittel ausgegeben. Rund 60 Kilogramm Fleisch konsumieren deutsche Verbraucher*innen im Durchschnitt pro Jahr. An Ostern und Weihnachten besonders beliebt: Rindfleisch aus Südamerika. Der Dokumentarfilm „Billiges Fleisch – Wer bezahlt für die kleinen Preise?“ von Tatjana Mischke schaut hinter die Kulissen der Landwirtschaft in Deutschland und Brasilien. Und blickt auf eine weltweit agierende Agrarindustrie. Mehr Informationen zum Film finden Sie hier.

Erstausstrahlung: Mittwoch, 07. April 2021, 20.15 Uhr, SWR
Weitere Ausstrahlungstermine: 8. April, 10.15 Uhr, SWR; 9. April, 2.45 Uhr, SWR

Nach Ausstrahlung ist der Film ein Jahr in der ARD Mediathek abrufbar sowie über den SWR Doku Channel auf Youtube verfügbar.

Foto: Manoela Meyer/ThurnFilm
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Food system impacts on biodiversity loss

Food system impacts on biodiversity loss

The paper „Food system impacts on biodiversity loss“, published by the independent policy institute Chatham House, explores the role of the global food system as the principal driver of accelerating biodiversity loss. It explains how food production is degrading or destroying natural habitats and contributing to species extinction. The paper outlines the challenges and trade-offs involved in redesigning food systems to restore biodiversity and/or prevent further biodiversity loss, and presents recommendations for action.

The paper introduces three ‘levers’ for reducing pressures on land and creating a more sustainable food system. The first is to change dietary patterns to reduce food demand and encourage more plant-based diets. The second is to protect and set aside land for nature, whether through re-establishing native ecosystems on spared farmland or integrating pockets of natural habitat into farmland. The third is to shift to more sustainable farming. All three levers will be needed for food system redesign to succeed.

Download the paper „Food system impacts on biodiversity loss“ as PDF here.

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Dokumentarfilm: Hexenküche Lebensmittelindustrie

Dokumentarfilm: Hexenküche Lebensmittelindustrie

Der Dokumentarfilm „Hexenküche Lebensmittelindustrie“ von Martin Blanchard und Maud Gangler ist noch bis zum 02. April 2021 in der Arte-Mediathek zu sehen.

Immer mehr Menschen sterben an den Folgen von Krankheiten, die durch Ernährung ausgelöst oder verstärkt werden: Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes. Die Lebensmittelindustrie agiert intransparent und hält sich bedeckt. ARTE hat in Deutschland und Frankreich, aber auch in Irland und der Schweiz recherchiert und hinter die Kulissen der Fertiggerichtproduktion geblickt.

Industriell verarbeitete Lebensmittel sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Die Palette an Fertiggerichten wird immer größer, ihr Preis immer geringer. Fettleibigkeit und Diabetes nehmen zu, die Angaben auf der Verpackung werden immer unverständlicher. Zum Glück wehren sich Konsumenten, Verbraucherorganisationen und auch einzelne Unternehmen zunehmend gegen den ungesunden „Fertigfraß“.

Um hinter die Kulissen der Lebensmittelindustrie zu blicken, nehmen die Dokumentarfilmer die Perspektive eines Lebensmittelchemikers ein und stellen ein klassisches Fertigprodukt her: ein Cordon bleu. Warum brauchen wir für das panierte Kalbsschnitzel an die 30 Zutaten, obwohl eigentlich nur fünf nötig wären? Kann man beim Fleisch, das in der Industrieversion steckt, wirklich noch von Fleisch sprechen? Und was hat die mit jeder Menge Zusatzstoffen versehene Schmelzmasse mit Käse zu tun? An einem konkreten Beispiel entschlüsselt der Dokumentarfilm, was genau da in unseren Magen wandert und fragt, ob dies noch gesund sein kann.

ARTE hat in Deutschland und Frankreich, aber auch in Irland und der Schweiz nachgefragt, wie die Rezepturen klassischer Fertiggerichte aussehen. Schnell hat sich gezeigt, dass man für die Zubereitung keine Küche, sondern ein Chemielabor und jede Menge Pulver und Granulate braucht. Die hochgradig verarbeiteten Lebensmittel besitzen keinen nennenswerten Nährwert, können aber das Risiko für Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Die nationalen und europäischen Lebensmittelbehörden geben an, überlastet zu sein und zögern damit, gesundheitsgefährdende Zutaten, die sie selbst zugelassen haben, wieder zu verbieten.

Doch unter dem Druck von Konsumenten und Apps zum Scannen von Barcodes auf Produkten wie „Yuka“ haben einige Unternehmen damit begonnen, nachzubessern. Sie beschränken die Liste der Zutaten, setzen weniger Zusatzstoffe ein und verwenden pflanzliche Proteine. Das Vorgehen ist zu begrüßen, auch wenn es eine echte Herausforderung darstellt und sogar kontraproduktiv sein kann, wenn etwa ein veganes Gericht in Verdacht gerät, der Gesundheit zu schaden. Letztendlich geht es um die Frage, ob die Gesellschaft bereit ist, einen höheren Preis für gesunde Ernährung zu bezahlen. (Programmtext)

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Übernehmen Bioreaktoren unsere Ernährung?

Übernehmen Bioreaktoren unsere Ernährung?

„Aussichten der Bioreaktornahrung – Ein Überblick von Manfred Linz“

Die industrielle Landwirtschaft gerät immer stärker unter Druck. Zunehmende ökologische Schäden, das Leiden der Nutztiere und die negative Klimabilanz sprechen immer stärker gegen den industriellen Weg. Nicht wenige Vordenker sagen deshalb biotechnologischen Verfahren, Bioreaktoren und Mikroorganismen eine große Zukunft voraus, insbesondere bei Milch und Fleisch, weil sie ohne ökologische Verwüstung und zu weit günstigeren Preisen die Welt ernähren könnten. Auf viele Flächen, die heute noch intensiv bearbeitet werden, könnten die Biotechnologien verzichten und damit die Klimagasbelastung der Lebensmittelproduktion erheblich verringern.

Doch wie tragfähig sind diese Botschaften?

Manfred Linz vom Institut für Welternährung hat in einer Literaturrecherche die Prognosen auf den Prüfstand gestellt und kommt zu einem ernüchternden Schluss. Bisher habe mit einer winzigen Ausnahme kein Produkt das Probestadium überwunden; alle Versprechen baldiger Marktfähigkeit blieben damit offen. Auch die große Verheißung, mit Bioreaktornahrung eine wachsende Weltbevölkerung gesund und preiswert zu ernähren, habe in den heute erkennbaren Realitäten keinen Anhalt. Das Narrativ, Bioreaktoren und Mikroorganismen könnten zu einer wesentlichen Stütze der Welternährung werden, diene gegenwärtig vor allem dem Zweck, Investoren von Risikokapital anzuziehen.

Die Ergebnisse der Studie können Sie unten stehend als PDF downloaden.

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Societal Transformation Scenario

Societal Transformation Scenario

Das Konzeptwerk Neue Ökonomie und die Heinrich-Böll-Stiftung haben mit dem „Societal Transformation Scenario“ (STS) einen risikoarmen und sozial gerechten Klimaschutzpfad zur Einhaltung der 1,5°C-Grenze veröffentlicht. Das Szenario modelliert erstmals, wie die globale Erderwärmung ohne den Einsatz risikoreicher Technologien wie Geo-Engineering oder neue Investitionen in Atomkraft durch eine sozial-ökologische Transformation auf 1,5°C begrenzt werden kann. Die Autor*innen berechnen für verschiedene Sektoren wie Transport, Ernährung und Wohnen konkrete, jährliche Emissionsreduktionsziele und skizzieren Vorschläge für einen sozial-ökologisch verträglichen Umbau. Damit können die globalen Emissionen von 2020 bis 2030 um 50 Prozent und von dort bis 2050 um weitere 22 Prozent reduziert werden.

Die Ergebnisse des STS zeigen beispielsweise für den Transportsektor in Industrieländern eine Entwicklung die zu 3% weniger Endenergieverbrauch pro Jahr führt, während – zum Vergleich – in den Corona-Lockdowns der Rückgang im Transportsektor bis zu 50 Prozent betrug. Auch im Gebäudebereich kann durch bessere Technik, geringere Geräteausstattungen und Wohnraumflächen pro Person (im statistischen Mittel) bis 2050 zwei Drittel des Energieverbrauchs eingespart werden.

Zudem könnten aufgrund von Ernährungsumstellungen wie einem Rückgang des Fleischkonsums in Industrieländern um rund 60 Prozent große landwirtschaftliche Gebiete in natürliche Ökosysteme zurückgeführt oder so nachhaltig bewirtschaftet werden. Die Ergebnisse der Modellberechnung zeigen aufgrund eines Kaskadeneffektes durch die erstgenannten Sektoren auch in der Industrie einen starken Rückgang der Energienachfrage im globalen Norden um bis zu 50 Prozent.

Berechnet wurden die Treibhausgasreduktionen des STS mit dem Global Calculator. Dieser erlaubt es die Auswirkungen verschiedenster Produktions- und Konsumniveaus auf den globalen Treibhausgasausstoß zu berechnen. Um die historischen Verantwortung des Globalen Nordens abbildbar zu machen, haben die Autor*innen das Modell angepasst.

Die Publikation „Societal Transformation Scenario“ können Sie hier als PDF herunterladen.  


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Europe Sustainable Development Report 2020

Europe Sustainable Development Report 2020

Europe faces its greatest SDG challenges in the areas of sustainable diets and agriculture, climate and biodiversity – and in strengthening the convergence of living standards across its countries and regions. Even before the onset of the pandemic, no European country was on track to achieve all 17 SDGs by 2030.

The EU and partner countries were performing especially poorly on SDG 2 (No Hunger), due to unsustainable diets, high and rising obesity rates, and unsustainable agricultural and farming practices. Major performance gaps are seen for SDG 12 (Responsible Consumption and Production), SDG 13 (Climate Action), SDG 14 (Life Below Water), and SDG 15 (Life on Land).

Education and innovation capacities must be strengthened to accelerate the convergence in living standards across EU Member States, and to equip EU citizens with the skills they need to thrive in a digital economy. That is the Summary of the Europe Sustainable Development Report 2020, which was issued in Paris and Brussel. 

„Europe Sustainable Development Report 2020 – Meeting the Sustainable Development Goals in the face of the COVID-19 pandemic“ was prepared by teams of independent experts at the Sustainable Development Solutions Network (SDSN) and the Institute for European Environmental Policy (IEEP).

Download the full report as PDF here.

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Online-Screening: Der Bauer mit den Regenwürmern

Online-Screening: Der Bauer mit den Regenwürmern

Den 45-minütigen Dokumentarfilm „Der Bauer mit den Regenwürmern“ von Bertram Verhaag gibt es am Sonntag, den 6. Dezember 2020 ab 16.30 Uhr im Live-Stream zu sehen. Zur Anmeldung geht es hier.

Sepp und Irene Braun sind seit 1984 Biobauern. Auf ihrem Hof in der Nähe von Freising betreiben sie neben biologischem Ackerbau auch biologische Viehzucht. Der Ökolandbau ist für die beiden eine Antwort auf die Frage des Klimawandels. Während sich auf konventionell bewirtschafteten Äckern durchschnittlich 16 Regenwürmer pro m2 finden lassen, tummelt sich bei Sepp und Irene Braun ungefähr die 25-fache Menge. Dass sie die Lebensbedingungen der fleißigen Helfer berücksichtigen, versteht sich von selbst: ihre „Wohnungen“ werden nicht durch schwere Maschinen platt gewalzt und eine eigens gesäte Kleekräutermischung dient als Winterfutter für die kleinen Helfer. Regenwurmkot liefert wertvollen Humus bis zu 2cm pro Jahr und 2m tiefe Regenwurmröhren, die pro Stunde bis zu 150 Liter Wasser aufnehmen und im Boden speichern können. Durch die erhöhte Bodenfruchtbarkeit erwirtschaften Sepp und Irene Braun weit mehr als ihre auf chemische Düngung setzenden Nachbarn. Das spricht sich herum: selbst die Frau des senegalesischen Präsidenten kündigt überraschend ihren Besuch an.

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Buchkritik: Blauer Mais und rote Kartoffel

Buchkritik: Blauer Mais und rote Kartoffel

Buchrezension zu Andreas Volz„Blauer Mais und rote Kartoffel – Eine kleine Kulturgeschichte bekannter und weniger bekannter Nahrungspflanzen“ von IWE-Vorstand Wilfried Bommert

Was hat die Maya bewegt, den Gott des Mais zu ihrem wichtigsten Gott zu erklären? Warum wurde der Mensch aus Mais geschaffen? Wieso schützt ein Maiskolben einsame Kinder davor, dass jemand ihre Seele stiehlt? Warum konnte sich der Mais über die ganze Welt verbreiten und ist heute eine der wichtigsten Pflanzen für die Ernährung von Mensch und Vieh? Wer die Kultur des Maisanbaus bis in seine Anfänge vor etwa 7000 Jahren verfolgt, kann viele Geschichten entdecken, die einem Körner und Kolben, so wie sie heute kultiviert werden, nicht mehr verraten.

Der Ethnologe Andreas Volz erzählt diese und andere Geschichten über unsere Nutzpflanzen in seinem Buch „Blauer Mais und rote Kartoffel – Eine kleine Kulturgeschichte bekannter und weniger bekannter Nahrungspflanzen„. Er geht der Spur der Kartoffeln nach, verfolgt die Wege von Amaranth und Quinoa. Fragt nach den dem Ursprung von Sesam, Reis und Sojabohnen. Erfreut den Leser und die Leserin mit der Geschichte von Datteln, Bananen, Erdnüssen und Süßkartoffeln.

Auch Exotisches wie  Pfeilwurz und Tigernuss finden im Kompendium, das Andreas Volz unterhaltsam und lehrreich verfasst hat, ihren Platz. Mit einer Fülle von Abbildungen und Karten, mit traditionellen Rezepten – nicht nur kulinarischen, sondern auch solchen, die der Heilung und Gesundheit dienen-, ist ihm auf mehr als 550 Seiten eine vielfältige Kulturgeschichte ausgewählter Nahrungspflanzen gelungen, die ihresgleichen sucht. Eine Empfehlung für alle, die mehr über die Ursprünge unserer Ernährung wissen wollen.

Andreas Volz, Blauer Mais und rote Kartoffel, Natur+Text 2019, ISBN: 978-3-942062-34-3, 49,90 € inkl. MwSt.

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