Verbrannte Mandeln: Wie der Klimawandel unsere Teller erreicht

Verbrannte Mandeln: Wie der Klimawandel unsere Teller erreicht

von Wilfried Bommert und Marianne Landzettel

Klimawandel ist die Sache der anderen? Falsch: Er wird uns schneller erreichen, als uns lieb ist und er trifft uns in unserer Komfortzone. Bei Kaffee, beim Rotwein, auf der Grillplatte, beim Spargelessen, bei den Oliven. Er greift nach der süßen Seite unseres Lebens, nach Kakao und Schokolade. Selbst Austern und Miesmuscheln sind in Gefahr. Orangensaft adé. Mandeln verbrannt! Was tun?

Selbst Tee trinken hilft nicht mehr weiter. Die Monokulturen halten den Stress von Hitze und Dürre nicht aus. Die Saatgut-Monopole der Welt-Landwirtschaft haben auf die falschen Pflanzen gesetzt. Ihre Hochleistung lässt sich nicht durchhalten. Der Klimawandel zeigt der industriellen Landwirtschaft ihre Grenzen auf. Zu viel oder zu wenig Regen, zu hohe oder zu niedrige Temperaturen bringen die Ernten ebenso in Gefahr wie neue Schädlinge. Die Kosten steigen, Anbaugebiete müssen aufgegeben werden. Unser Teller wird sich leeren, wenn die Weltlandwirtschaft nicht neu aufgestellt wird, und zwar vielfältig und ökologisch, robust gegenüber Wetterextremen.

Zwei ausgewiesene Experten zeigen anhand von zehn beliebten Nahrungsmitteln die Folgen des Klimawandels und beantworten die Frage, wie wir den veränderten Bedingungen begegnen können: Die Agrarwende steht an, nur Nachhaltigkeit kann unsere Ernährung sichern.

Über die Autoren:

Wilfried Bommert, promovierter Agrarwissenschaftler, war Begründer und Leiter der Umweltredaktion des WDR und ist Mitbegründer des Instituts für Welternährung, Berlin.

Marianne Landzettel ist Journalistin, sie arbeitete für SDR/SWR, Zeitfunk und Landfunk, war zehn Jahre bei BBC World Service tätig. Seit 2013 arbeitet sie als freie Journalistin (Schwerpunkt Nahrungsmittel und Landwirtschaft). Schreibt für Medien in Deutschland und den USA, in Großbritannien regelmäßiger Blog für die Soil Association. Sie lebt in London.

Mehr Informationen zum Buch sowie eine Leseprobe finden Sie hier.

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Klimawandel: Die Folgen für die Landwirtschaft

Klimawandel: Die Folgen für die Landwirtschaft

Wissenschaftliches Langzeitexperiment zeigt erste Ergebnisse

UFZ/André Künzelmann

„In einem Langzeitexperiment untersuchen Wissenschaftler, wie sich die Erderwärmung auf verschiedene Formen der Landnutzung hierzulande auswirkt. Erste Ergebnisse zeigen, dass die Produktivität um mehr als 20 Prozent abnehmen könnte.

Auf 50 Parzellen, jede 16 mal 24 Meter groß, wollen Wissenschaftler herausfinden, wie sich der Klimawandel auf die Landwirtschaft auswirkt. In Bad Lauchstädt, südwestlich von Halle an der Saale, arbeiten seit 2014 vierzig Wissenschaftler, zur Hälfte vom UFZ, zur Hälfte von anderen Forschungseinrichtungen und Universitäten, gemeinsam mit sieben Doktoranten und zehn Technikern an dem einzigartigen, auf 15 Jahre angelegten Versuch.

„Es gibt weltweit schon viele Klimaexperimente, die in verschiedenen Regionen, mit verschiedenen Systemen einzelne Landnutzungen wie Grasland, Maisfelder oder Heidelandschaften untersuchen“, erklärt Martin Schädler, Projektleiter des Global Change Experimental Facility (GCEF). „Uns interessierte aber die Frage, wie verschiedene Landnutzungstypen auf die Klimaänderung reagieren, wo es Unterschiede gibt und wo Gemeinsamkeiten.““

Zum kompletten Artikel geht es hier.

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Agrar-Report 2017: Biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft

Agrar-Report 2017: Biologische Vielfalt in der Agrarlandschaft

Bundesamt für Naturschutz

Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) hat erstmals einen umfassenden Agrar-Report zur biologischen Vielfalt vorgelegt. Das BfN zeigt in seiner Analyse, dass sich die Situation der biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft deutlich verschlechtert hat. „Diese Entwicklung muss für uns alle alarmierend sein“, erklärt BfN-Präsidentin Prof. Beate Jessel. „Wir brauchen deshalb dringend eine Kehrtwende in der Agrarpolitik.“

Für seinen Agrar-Report hat das Bundesamt für Naturschutz die Ergebnisse aus verschiedenen Forschungsvorhaben zur Entwicklung der Natur in der Agrarlandschaft zusammengeführt, die deutlich belegen, dass sowohl die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der Europäischen Union als auch die nationale Umsetzung hinsichtlich der Erhaltung der Biodiversität versagt haben. Sie leisten keinen substanziellen Beitrag, dem anhaltenden Verlust biologischer Vielfalt in den Agrarlandschaften entgegen zu wirken.

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Der Glyphosat-Retter

Der Glyphosat-Retter

Kommentar von Wilfried Bommert

Wenn es ans Ende geht, denkt, wer sich zu den Großen rechnet, an die historische Dimension. Woraus besteht der Nachlass, was wird in den Geschichtsbüchern stehen? Der deutsche Landwirtschaftsminister hat entschieden: Sein Vermächtnis heißt Glyphosat.

Nur: Wem will er sich damit empfehlen? Der Mehrheit der deutschen Konsument_innen nicht. Den Wähler_innen der CSU für die kommende Landtagswahl? Oder bereitet hier einer etwas ganz anderes vor – seinen politischen Ab- und Übergang?

Wem kann sich ein Minister empfehlen, in dessen Amtzeit drei Viertel der Insekten von deutschen Feldern verschwanden? In der immer neue Trinkwasserreserven mit Nitrat aus den Mastfabriken verseucht wurden? In dessen Amtszeit Antibiotika in die Mastställe Einzug gehalten haben, die eigentlich nur als letzte Waffe im Kampf gegen Bakterien beim Menschen gedacht waren, sogenannte Reserve-Antibiotika? Wem empfiehlt sich einer, der in seiner Amtszeit die Klimalast von synthetischem Stickstoffdünger und intensiver Fleischproduktion unter den Teppich kehrte und die ökologische Landwirtschaft in ein 20 Prozent-Getto einsperren wollte?

Wenn nicht den Wähler_innen, wem dann? Wen sollte die Geste der Entschlossenheit beeindrucken, die er vor den Kameras der Tagesschau in Brüssel demonstrierte, als er klammheimlich und gegen seine Kabinettskollegin Glyphosat durchwinkte? Es ist ernüchternd zu erkennen, wem sich da ein noch amtierender Minister anbiedert. Sein Vermächtnis gilt den Industrien, die er während seiner Amtszeit unterstützt hat. Glyphosat ist nun der letzte Ausweis, dass er sich zu ihnen zählt, dass er für höchste Berater- und Chefposten qualifiziert ist, frei von Skrupeln, frei von Interessenkollisionen, frei von Verantwortung für ein enkeltaugliches Ernährungssystem. Einzig sich selbst verpflichtet und Glyphosat.

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Klimawandel und Ernährung: „Der Druck im Kessel steigt“

Klimawandel und Ernährung: „Der Druck im Kessel steigt“

Wilfried Bommert im Gespräch mit Friedhelm Mühleib

Das folgende Interview wurde am 21.11.2017 auf dem Blog tellerrand veröffentlicht:

Alle reden vom Wetter, kaum einer denkt an die Ernährung. Der Bonner Weltklimagipfel war für die Medien ein willkommener Anlass, wieder einmal über die Folgen des Klimawandels zu berichten.

In (zu Recht) finsteren Szenarien wurde in zahllosen Beiträgen dargestellt, was uns an Katastrophen bevorstehen könnte. Tatsächlich kündigen extreme Wetterlagen wie Überschwemmungen, Stürme, Dürren und Hitzekatastrophen weltweit den realen Klimawandel an. Dass die derzeitige globale Agrarwirtschaft erheblich zum Klimawandel beiträgt und andererseits die Gefährdung unserer Versorgung mit Nahrung zu den gravierendsten Folgen dieses Wandels gehören wird, spielte in den Diskussionen während des Klimagipfels kaum eine Rolle.
Der Agrarwissenschaftler Dr. Wilfried Bommert, während vieler Jahre Leiter der Umweltredaktion des WDR und Mitbegründer des Instituts für Welternährung in Berlin, sieht darin im Interview mit tellerrand ein fatales Versäumnis.

tellerrand: Hat der Fokus der Konferenz auf den Ausstieg aus Kohle und Verbrennungsmotor den Blick der Teilnehmer auf die Rolle der weltweiten Lebensmittelproduktion und die Folgen des Klimawandels für die Ernährungssicherheit verstellt?
Bommert:  Das Thema stand tatsächlich im Hintergrund, was wirklich fatal ist. Wir wissen, dass das Klima zu etwa einem Viertel vom Ernährungssystem beeinflusst wird. Konkret heißt das: Das Ernährungssystem trägt wesentlich zum Klimawandel bei, und ohne die Veränderung des Ernährungssystems ist das Klimasystem nicht zu retten. Wenn das Thema auf der Weltklimakonferenz nicht auf den Tisch kam, hat das natürlich seine Gründe. Die großen Industrienationen sabotieren diese Diskussion, weil sie ihre Landwirtschaften in der herkömmlichen Weise weiter betreiben wollen. Da steckt enorm viel Geld drin, und man möchte die Renditen nach Möglichkeit nicht gefährden.
tellerrand: Optimistische Prognosen gehen davon aus, dass die Erde bis zu 10 Milliarden Menschen ernähren kann. Ist diese Prognose auch angesichts eines bevorstehenden Klimawandels noch haltbar?
Bommert: Sie ist dann haltbar, wenn man die großen Puffer verwertet, die in unserem heutigen Ernährungssystem stecken. Dreißig bis fünfzig Prozent unserer Lebensmittel werden weggeworfen bzw. landen im Abfall. Lebensmittelabfall und Lebensmittelverschwendung stellen riesige Puffer dar! Auch die Überernährung ist eine Art von Verschwendung. Der Ansatz, aus Nahrungsmitteln Brennstoffe für Autos zu machen, gehört ebenfalls zu den Wegen, die für eine vernünftige Welternährung nicht zielführend sind. Bei konsequenter Verwertung dieser Puffer würde das, was wir heute haben, auch dann noch reichen, wenn sich die gegenwärtige Weltbevölkerung verdoppelt.

Was die Menge der für die Versorgung nötigen Nahrung betrifft, wäre zunächst also kein Anlass zur Sorge – selbst wenn Klimaveränderungen kommen. Es geht vielmehr um die Frage, wen die beginnenden Veränderungen am härtesten treffen werden. Die klare Antwort darauf lautet: Am meisten wird es die Menschen im globalen Süden treffen. Die haben schon heute nichts zu nagen und zu beißen und werden am Ende die Klimaveränderung am stärksten spüren. Die Folge werden neue Migrationsströme sein: Wo es nichts mehr zu essen gibt, werden sich die Menschen in Bewegung setzen. Sie werden in Massen ihr Bündel und in Richtung Norden marschieren, denn der Norden wird erstmal am wenigsten betroffen sein.
tellerrand: Erstmals seit drei Jahren verzeichnet der Forscherverbund Global Carbon Project wieder einen Anstieg der globalen CO2-Emissionen aus fossilen Brennstoffen und der Industrie. Mit der Zunahme der CO2-Emissionen auf geschätzte 41 Milliarden Tonnen in diesem Jahr seien die Klimaziele von Paris nur noch schwer zu erreichen. Was wird passieren, wenn sich diese Entwicklung nicht stoppen lässt und das Zwei-Grad-Ziel verfehlt wird?

Bommert: Dann wird es kritisch: Die Hochleistungspflanzen, die wir zur Zeit anbauen, sind nur für eine bestimmte Temperaturspanne ausgelegt. Temperaturen, die während der Vegetationsperiode unserer hochgezüchteten Nahrungspflanzen dauerhaft über 27 Grad liegen, führen zwangsläufig zu Ertragsminderungen. Sollte die globale Durchschnittstemperatur um mehr als 2 Grad und mehr steigen, dann werden Hitzewellen in bisher nicht gekanntem Ausmaß um die Welt ziehen. Das wiederum wird die Ernten einbrechen lassen.
tellerrand: Wie schnell wird sich das auf die weltweiten Ernährungssysteme auswirken?
Bommert: Schneller als wir denken! Je schneller und höher die Temperatur steigt, desto weniger kann unser Biosystem die Umstellung abfedern. Dann sind wir in richtig großen Schwierigkeiten. In der Zeit, die uns dann bleibt, lassen sich keine neuen, angepassten Pflanzen oder Tiere selektieren oder züchten. Je mehr Zeit wir haben, desto größer unsere Chancen. Es wird insbesondere in den Ländern des Südens sehr schnell gehen, die werden die Konsequenzen am stärksten spüren. Die haben zudem den Nachteil, auf der internationalen Bühne mit ihren Anliegen kaum politisches Gehör zu finden, obwohl es für sie um die Existenz geht. Die laufen in den ökonomischen Ruin. Zum einen, weil der Klimawandel dort Arbeitsplätze und ganze Wirtschaftszweige vernichtet.

Zum anderen, weil er die Ernährungssicherheit gefährdet. Nehmen sie zum Beispiel Brasilien – ein Land, das noch immer von den Erträgen seiner Agrarwirtschaft abhängig ist. Kaffee, Soja und Zitrusfrüchte – insbesondere Orangen – gehören dort zu den wichtigsten Kulturen, von denen die Agrarwirtschaft lebt. Alle drei sind massiv vom Klimawandel bedroht. Schätzungen zufolge wird die Anbaufläche für Kaffee um 80% zurückgehen, weil es einfach zu warm für die Pflanze wird. Tausende von Menschen werden ihre Jobs und ihr Einkommen verlieren. Am Ende werden auch wir es merken – wenn der Kaffee zum teuren Luxus wird.
tellerrand: Ist nicht gerade Brasilien ein Beispiel dafür, wie ohnmächtig die Regierungen dieser Länder selbst im eigenen Land sind? Im Oktober wurde ein Viertel des brasilianischen Nationalparks Chapada dos Veadeiros durch Brände zerstört – insgesamt mehr als 10.000 Quadratkilometer. Das entspricht etwa einem Drittel der Fläche Belgiens oder der zwölffachen Fläche Berlins. Die Brände wurden vermutlich von Großgrundbesitzern gelegt aus Wut über die Naturschutzpolitik der Regierung.
Bommert: Aus diversen Recherchereisen nach Brasilien weiß ich, dass es dort genug kriminelle Banden gibt, für die der persönliche Profit an erster Stelle steht, und die auch vor einer Erpressung von Politikern und der Regierung nicht zurückschrecken. Brasilien ist von Korruption durchzogen. Das hat nach der Diktatur nie aufgehört: Dort feiern Illegalität und Gewinnsucht noch immer freudige Urständ. Das Land wird regiert von einer kleinen Clique von Reichen und Mächtigen, die jenseits der demokratischen Spielregeln machen, was sie wollen. Die Bevölkerung hat leider noch einen langen Weg vor sich, bis ihre junge Demokratie diesen Namen verdient.
tellerrand: Brasilien ist kein Einzelfall – schon gar nicht, wenn es um Umweltzerstörung und Klimafrevel geht – man denke nur an die riesigen Brandrodungen auf den Philippinen. Sind angesichts solcher Umweltzerstörung und Freisetzung von CO2 in gigantischem Ausmaß die hiesigen klimapolitischen Streitereien – etwa derzeit bei den Jamaika-Sondierungen – nicht reine Symbolpolitik?  
Bommert: Natürlich kann man sich fragen, warum wir uns hier bemühen ein paar Gramm CO2 mehr einzusparen, während dort die Urwälder brennen. Ich würde die Gleichung stattdessen so aufmachen: Es ist wichtig, dass wir hier anfangen, denn Deutschland war und ist Vorbild. Wenn man weltweit umherreist, merkt man, dass es die Welt interessiert, was die Deutschen machen. Überall fragen Dich die Leute, warum man in Deutschland bestimmte Dinge macht und andere Dinge nicht macht.

Was wir machen – so meine feste Erfahrung und Überzeugung – wirkt am Ende auch stimulierend auf Veränderungen in anderen Ländern. Das ist die eigentliche Bedeutung unseres relativ kleinen Landes in der globalen Klimapolitik. Wir spielen weltweit eine wichtige Rolle als politischer Katalysator für Veränderungen.
tellerrand: Kritiker der Bonner Konferenz monieren die mageren Ergebnisse des Klimamarathons. Für wie hoch ist die Chance, dass es in absehbarer Zeit zu wirksamen Veränderungen und Maßnahmen kommt?  
Bommert: Der Druck im Kessel steigt. Die Frage wird am Ende nicht mehr sein, was wir machen wollen, sondern was wir machen müssen. Da wird es dann nicht mehr um freiwillige Vereinbarungen gehen. Spätestens dann wird die Politik begreifen, dass tiefgreifende Einschnitte und Veränderungen der einzige Ausweg sind, um der ganz großen Katastrophen noch aus eigener Kraft zu entgehen. Das wird nicht auf freiwilliger Basis laufen – ohne administrative Einschränkungen wird das nicht abgehen. Die Verhältnisse werden die Politik zum Handeln zwingen, und dann muss die Politik reagieren.

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Die Welt isst Bio oder gar nichts!

Die Welt isst Bio oder gar nichts!

Kommentar von Wilfried Bommert

Christina von Poser/Flickr

So drastisch wollen wir es nicht hören. Doch was Forscher im Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlichen, stellt die Systemfrage: Wer ernährt die Welt im 21. Jahrhundert? Das System Bio oder das System Intensivlandwirtschaft?

Ich sag’s vorweg: Ja, es stimmt, die Biobauern ernten weniger. Aber mit dem Argument des Ertragsabstandes zwischen beiden Systemen lässt sich hier nichts entscheiden. Wenn schon Vergleich, dann Systemvergleich.

Wo Höchsterträge fließen, fließt auch die meiste Gülle, die größten Mengen an synthetischem Stickstoff, an Pestiziden jeder Art, an fossiler Energie, werden die Wasservorräte ebenso wie die Bodenfruchtbarkeit geplündert und die Hälfte der Weltbevölkerung sitzt vor leeren Schüssel oder klagt über Mangel- und Fehlernährung.

Mit diesem System lässt sich keine Zukunft bauen, schon gar nicht, wenn man weiß, dass es zu einem Viertel an der Aufheizung des Planeten beteiligt ist. Es geht hier nicht mehr um Reparaturen, es geht um einen Systemwechsel. Wir brauchen ein System, das die Grenzen unseres Planeten wieder ernst nimmt, das in den Kreisläufen der Natur denkt, die Kreatur – ob Pflanzen, Tiere oder Insekten – achtet und auch die Bauern, die in der Tretmühle des Wachsen und Weichens ihre Würde verloren haben.

Auch wir werden uns ändern. Es gibt kein Menschenrecht auf Fleischkonsum und auch keins darauf, Lebensmittel mutwillig in den Müll zu werfen. Und wir werden gern verzichten. Weil wir einen gutes Gewissen dafür haben werden, beim Essen, beim Trinken und beim Gang durch die Natur. Ein Ablasshandel zugegeben, aber doch eine Selbstbefreiung! Wissenschaftlich untermauert wissen wir nun, was uns die Zeichen an der Wand schon länger sagen: Die Welt isst Bio oder gar nichts!

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Bundesweites Netzwerk von Ernährungsräten gegründet

Bundesweites Netzwerk von Ernährungsräten gegründet

Erster Kongress der Ernährungsräte will urbane Ernährungspolitik auf die kommunale Agenda bringen

Manuel/Flickr Commons

Unter dem Motto „Ernährungsdemokratie jetzt!“ wurde ein Netzwerk von mehr als 40 Ernährungsräten und Ernährungsrats-Initiativen aus dem deutschsprachigen Raum gegründet. Auf dem ersten Kongress der Ernährungsräte trafen sich am 12. November in Essen Engagierte aus ganz Deutschland, der Schweiz, Österreich und Südtirol. Ihr Ziel: Sie wollen demokratische Ernährungssysteme in den Kommunen aufbauen.

Ernährungsräte sind meist aus der Zivilgesellschaft gegründete, beratende Gremien der Städte. Sie stellen den Dialog zwischen Politik, Verwaltung, Landwirten, Händlern, Verbrauchern und Gastronomen her, um die Lebensmittelversorgung in den Städten zukunftsfähig und gerecht zu gestalten. Die ersten Ernährungsräte in Deutschland wurden 2016 in Berlin und Köln gegründet. Dieses Jahr kamen Frankfurt am Main, das Saarland, Dresden und Oldenburg dazu. Auch in Oberösterreich, Zürich und Südtirol gibt es Ernährungsräte, viele weitere stehen in Gründung.

„Über unsere Ernährung bestimmen heute vor allem große Lebensmittelkonzerne, die auf den Weltmarkt ausgerichtet sind. Doch immer mehr Menschen wollen mitentscheiden, wo ihr Essen herkommt und wie es produziert wurde“, sagte der Gründer des Ernährungsrates in Köln und Filmemacher Valentin Thurn. „Die Ernährungsräte sind dafür ein perfektes Forum, das Konzept breitet sich in Deutschland rasend schnell aus. Mit dem neu gegründeten Netzwerk wollen wir diese Bewegung weiter stärken.“ Kommunen und Länder sollten das hohe Engagement der meist ehrenamtlichen Initiativen unterstützen. Die Ernährungswende von unten sei eine riesige Chance für Städte, sich klimafreundlicher und gesünder zu versorgen. „Essen kann eine Brücke zwischen sozialen und ethnischen Gruppen sein. Nicht zuletzt können wir so das Thema Nachhaltigkeit mit Spaß verbinden“, so Thurn weiter.

Ziel der Ernährungsräte ist es, die Lebensmittelversorgung in den Städten transparent zu machen, lokale Erzeuger zu stärken und Lebensmittel aus dem Umland direkt in die Städte zu bringen. Kleinbäuerliche Betriebe sollen tragfähige Einkommensperspektiven erhalten und faire, vielfältigere Marktstrukturen aufgebaut werden. Zudem müssen nachhaltig erzeugte Lebensmittel für einkommensschwache Haushalte zugänglicher werden. Die Idee der Ernährungsräte stammt aus Nordamerika, wo sich die ersten „Food Policy Councils“ vor 30 Jahren gründeten und inzwischen weit verbreitet sind. Auf dem Essener Kongress tauschten sich Ernährungsrats-Experten aus den USA, Kanada, Brasilien und Großbritannien mit der jungen Gründerszene im deutschsprachigem Raum darüber aus, wie Ernährungsräte erfolgreich gegründet werden und arbeiten können.

„Urbane Ernährung wird bisher als politisches Handlungsfeld weitgehend vernachlässigt. Aber wir brauchen Ernährungspolitik in den Städten, denn hier müssen die Veränderungen beginnen“, erklärte Christine Pohl vom Ernährungsrat Berlin. „Ernährungsräte sind die lokale Antwort auf viele Probleme, die durch unser derzeit globalisiertes Ernährungssystem verursacht wurden. Die Frage: ‚Wie ernährt sich meine Stadt?’ ist so einfach wie wichtig. Jetzt kommen endlich die unterschiedlichsten Menschen zusammen, um gemeinsam die Bestimmungsmacht über ihre Teller zurückzugewinnen.“

„Das neu gegründete Netzwerk der Ernährungsräte in Deutschland ist ein Meilenstein auf dem Weg zu einem zukunftsfähigen Ernährungssystem.“ stellte Dr. Wilfried Bommert, Vorstand und Sprecher des Instituts für Welternährung e.V., Berlin, fest. „Die Zivilgesellschaft gibt hier Richtung und Takt vor.“ Die neue Koalition in Berlin sei gut beraten, wenn sie diese Bewegung ernst nimmt und ihr durch ein „Bundesprogramm zur Förderung zukunftsfähiger regionaler Ernährungssysteme“  politischen Rückhalt verschafft.

Mehr Informationen zu Ernährungsräten unter: www.ernaehrungsraete.de

 

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Bundesweites Netzwerk von Ernährungsräten gegründet

Bundesweites Netzwerk von Ernährungsräten gegründet

Erster Kongress der Ernährungsräte will urbane Ernährungspolitik auf die kommunale Agenda bringen

Unter dem Motto „Ernährungsdemokratie jetzt!“ wurde heute ein Netzwerk von mehr als 40 Ernährungsräten und Ernährungsrats-Initiativen aus dem deutschsprachigen Raum gegründet. Auf dem ersten Kongress der Ernährungsräte trafen sich am Wochenende in Essen Engagierte aus ganz Deutschland, der Schweiz, Österreich und Südtirol. Ihr Ziel: Sie wollen demokratische Ernährungssysteme in den Kommunen aufbauen.

Ernährungsräte sind meist aus der Zivilgesellschaft gegründete, beratende Gremien der Städte. Sie stellen den Dialog zwischen Politik, Verwaltung, Landwirten, Händlern, Verbrauchern und Gastronomen her, um die Lebensmittelversorgung in den Städten zukunftsfähig und gerecht zu gestalten. Die ersten Ernährungsräte in Deutschland wurden 2016 in Berlin und Köln gegründet. Dieses Jahr kamen Frankfurt am Main, das Saarland, Dresden und Oldenburg dazu. Auch in Oberösterreich, Zürich und Südtirol gibt es Ernährungsräte, viele weitere stehen in Gründung.

Valentin Thurn, Gründer des Ernährungsrates in Köln und Filmemacher: „Über unsere Ernährung bestimmen heute vor allem große Lebensmittelkonzerne, die auf den Weltmarkt ausgerichtet sind. Doch immer mehr Menschen wollen mitentscheiden, wo ihr Essen herkommt und wie es produziert wurde. Die Ernährungsräte sind dafür ein perfektes Forum, das Konzept breitet sich in Deutschland rasend schnell aus. Mit dem neu gegründeten Netzwerk wollen wir diese Bewegung weiter stärken.“ Kommunen und Länder sollten das hohe Engagement der meist ehrenamtlichen Initiativen unterstützen. Die Ernährungswende von unten sei eine riesige Chance für Städte, sich klimafreundlicher und gesünder zu versorgen. „Essen kann eine Brücke zwischen sozialen und ethnischen Gruppen sein. Nicht zuletzt können wir so das Thema Nachhaltigkeit mit Spaß verbinden“, sagte Thurn.

Ziel der Ernährungsräte ist es, die Lebensmittelversorgung in den Städten transparent zu machen, lokale Erzeuger zu stärken und Lebensmittel aus dem Umland direkt in die Städte zu bringen. Kleinbäuerliche Betriebe sollen tragfähige Einkommensperspektiven erhalten und faire, vielfältigere Marktstrukturen aufgebaut werden. Zudem müssen nachhaltig erzeugte Lebensmittel für einkommensschwache Haushalte zugänglicher werden. Die Idee der Ernährungsräte stammt aus Nordamerika, wo sich die ersten „Food Policy Councils“ vor 30 Jahren gründeten und inzwischen weit verbreitet sind. Auf dem Essener Kongress tauschten sich Ernährungsrats-Experten aus den USA, Kanada, Brasilien und Großbritannien mit der jungen Gründerszene im deutschsprachigem Raum darüber aus, wie Ernährungsräte erfolgreich gegründet werden und arbeiten können.

Christine Pohl vom Ernährungsrat Berlin: „Urbane Ernährung wird bisher als politisches Handlungsfeld weitgehend vernachlässigt. Aber wir brauchen Ernährungspolitik in den Städten, denn hier müssen die Veränderungen beginnen. Ernährungsräte sind die lokale Antwort auf viele Probleme, die durch unser derzeit globalisiertes Ernährungssystem verursacht wurden. Die Frage: ‚Wie ernährt sich meine Stadt?’ ist so einfach wie wichtig. Jetzt kommen endlich die unterschiedlichsten Menschen zusammen, um gemeinsam die Bestimmungsmacht über ihre Teller zurückzugewinnen.“

Essen, 12.11.2017

Mehr Informationen zu Ernährungsräten auch unter: www.ernaehrungsraete.de

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Erster Kongress zur Vernetzung der Ernährungsräte

Erster Kongress zur Vernetzung der Ernährungsräte

10.-12. November 2017 in der Alten Lohnhalle, Essen

Quelle: Taste of Heimat e.V.

Die bestehenden Ernährungssysteme sind kein Naturgesetz – wir können sie ändern! In lokalen Ernährungsräten oder ähnlichen Initiativen können wir mitbestimmen, wie unser Essen produziert, verteilt und verwertet wird, und wir können auch die Ernährungspolitik aktiv beeinflussen.

Die ersten beiden Ernährungsräte im deutschsprachigen Raum sind 2016 in Berlin und Köln entstanden. In vielen weiteren Städten und Regionen im deutschsprachigen Raum gibt es Pläne für ähnliche Initiativen. Wir wollen uns gegenseitig inspirieren und voneinander lernen.

Als Auftakt für ein dauerhaft tragfähiges Lern- und Aktionsnetzwerk soll das Wochenende uns dabei unterstützen, selbständig Ernährungsräte zu gründen und weiter zu entwickeln. Lasst uns jetzt gemeinsam beginnen mit dem nötigen Wandel – denn Ernährungsdemokratie geht uns alle an!

Vorläufige Kurzfassung des Programms:
Freitag Abend: Pioniergeist – von anderen Ernährungsräten lernen (mit internationalen Referent*innen).

  • Samstag Vormittag: Los geht’s – Kennenlernen der verschiedenen Ernährungsinitiativen im deutschsprachigen Raum und Infomarkt
  • Samstag Nachmittag: Do It Yourself – Welche Erfahrungen bringen uns weiter, welche Hürden müssen überwunden werden, was motiviert und inspiriert uns
  • Samstag Abend: Party – Ernährungsouveränität feiern!
  • Sonntag Vormittag: Lessons Learned – Was haben wir gelernt, welche Ressourcen haben wir, welche weiteren brauchen wir?
  • Sonntag Nachmittag: Zukunftspläne schmieden – wie machen wir gemeinsam weiter?

Das komplette Programm finden Sie demnächst hier, wer sich jetzt schon anmelden oder bei der Vorbereitung mitarbeiten möchte, schreibt bitte an anmeldung@tasteofheimat.de

IWEErster Kongress zur Vernetzung der Ernährungsräte
Fleisch und Milch: Lebensgefährlich?

Fleisch und Milch: Lebensgefährlich?

Kommentar von IWE-Sprecher Wilfried Bommert

Jürgen Telkmann/Flickr

Die weltweit größten Fleisch- und Milchkonzerne verursachen mehr Emissionen als Deutschland. Diese Fakten, die die Heinrich-Böll-Stiftung gemeinsam mit dem IATP und GRAIN zur Klimakonferenz in Bonn beisteuert, zeigen, welche Monster die Globalisierung mittlerweile geboren hat. Konzerne, die vor allem eins sind: lebensgefährlich.

Doch sie sind nur die Spitze des agroindustriellen Eisbergs, unter ihr wirkt ein gigantisches System, das uns Stück für Stück die Lebensgrundlagen entzieht. Es geht hier nicht nur um’s Klima.

Wo sind drei Viertel der Insekten, der Bienen, Hummeln, der Tag- und Nachtfalter geblieben? Wer hat die Hälfte der globalen Bodenfruchtbarkeit auf dem Gewissen,
wer vergeudet die endlichen Wasservorräte der Welt, die schon zu mehr als 50% ausgepumpt sind? Wer heizt mit immer mehr synthetischem Stickstoff das Klima an?

Es geht hier nicht um Einzelne, es geht um ein System, das auf Zerstörung ausgerichtet ist. Wer da zuerst dran glauben muss, zeigen uns die Katastrophenbilder aus Afrika, wo eine Dürre die nächste ablöst, aus Asien, wo der Monsun entweder ausbleibt oder Flutwellen über die Felder schickt. So sieht es aus, wenn der Welt die Nahrungsgrundlage entzogen wird. So entstehen globale Fluchtursachen.

Es wird Zeit für eine ökologische Wende unseres Ernährungssystems. Die neue deutsche Koalition könnte den Vorreiter geben. Ob sie den Mut dazu hat?
Sie sollte wissen: die Uhr tickt, die Zeit läuft gegen uns.

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