Vorreiter: Liechtenstein – Klein, aber Bio-Weltspitze

Ein Beitrag von IWE-Mitglied Alexandra Buley-Kandzi. In der Rubrik „Vorreiter“ sammeln wir Beispiele von Pionieren der Ökologischen Agrarwende.

Flächenmäßig zählt Liechtenstein zu den kleinsten Staaten der Welt. Aber wenn es um den Öko-Anbau geht, hängt das kleine Alpenland alle anderen Staaten auf der Erde ab: 39,7% (IFOAM 2019) der rund 3500 Hektar landwirtschaftlichen Flächen werden hier nach Bio-Richtlinien bewirtschaftet.

Damit setzt Liechtenstein Maßstäbe und ist weltweit Leuchtturm in Sachen Bio. Dies ist umso beachtlicher, wenn man bedenkt, dass die Geschichte der Bio-Landbau-Bewegung in dem kleinen Fürstentum eine sehr kurze ist. Erst in den 1990er kam sie dank einer Privatinitiative und Förderungen aus einer Stiftung in Gang und nahm dann aber rasch Fahrt auf. Seit 2008 ist auch der agrarpolitische Rahmen so gesteckt, dass die Bio-Bauern gute Bedingungen vorfinden. Sie arbeiten nach den Richtlinien der Bio-Suisse und damit nach den strengsten Bio-Vorgaben überhaupt.

„Doch gerade die hohen Standards sind ein wichtiger Faktor für den Erfolg der ökologischen Bewegung“, sagt Dr. Florian Bernardi, der seit 2010 für die Bioberatung Liechtenstein tätig ist. Die Verbraucher hier und in der benachbarten Schweiz, die die Hauptabnehmer der Bio-Waren sind, wissen die Qualität zu schätzen. Dabei legen sie besonderen Wert auf die hohen Tierhaltungsstandards. Gleichzeitig ist das Vertrauen in die Produkte hoch, schließlich ist die Rückverfolgbarkeit leichter: Die Wege in Liechtenstein selbst sind kurz und damit auch die Beziehungen zwischen Landwirten und Verbrauchern enger und direkter. Ein Segen für beide Seiten. Die Nachfrage nach Bio-Produkten steigt. Im gemeinsamen Wirtschaftsraum Schweiz/Liechtenstein werden im Durchschnitt 288 Euro pro Kopf und Jahr für ökologisch erzeugte Lebensmittel ausgegeben – so viel wie sonst nirgends. „Trotzdem ist beim Konsum- und Kaufverhalten noch Luft nach oben“, meint der Agrarwissenschaftler Bernardi.

„Entscheidend für die schnelle positive Entwicklung und das anhaltend hohe Niveau der Produktion ist jedoch auch der systematische Aufbau des Biolandbaus und die gute Beratungsstruktur“, so Bernardi. Hierbei sind die übergreifenden Dienstleistungen z.B. bei Marketing und Management genauso wichtig wie die individuelle Beratung jedes einzelnen Landwirts. „So können proaktiv Projekte auf den Weg gebracht werden. Dies ist bei uns die Schlüsselfunktion für die Weiterentwicklung“, beschreibt er die Art und Weise, wie in Liechtenstein der Bio-Anbau durch den permanenten Austausch mit den Landwirten gefördert wird.

Die Bio-Betriebe hier gehören eher zu den größeren im Land. Viele von ihnen produzieren Kuhmilch. Es gibt außerdem Höfe, die Ziegen, Pferde oder Rinder für die Fleischproduktion halten. Diese Bewirtschaftung passt gut zur Landschaft, die viele Dauergrünlandflächen bietet. Doch auch Gemüse, Obst und Wein werden produziert. Die Vielfalt an Bio-Erzeugnissen ist groß und die verschiedenen Standbeine machen die Betriebe wirtschaftlich resilient. Schließlich wird auch ihre Arbeit durch die Klimawandel immer anspruchsvoller, aber auch wichtiger. „Der Biolandbau bietet durch höhere Bodenfruchtbarkeit und breitere Fruchtfolgen Vorteile, wenn es um das Wasserspeichervermögen der Böden geht.“ Außerdem ist der Humusaufbau ein entscheidender CO2-Fänger und -Speicher. Biolandbau in Liechtenstein ist modern und zukunftsweisend. Er macht die eigenen Bauern, die Verbraucher und die Umwelt zu Gewinnern. Kopieren erwünscht.

Unser Interview-Partner: Florian Bernardi (Jg 1984) hat in Österreich Agrarwissenschaften studiert und dort auch promoviert. Seit 2010 ist er als Berater in Lichtenstein tätig. Zu seinen Aufgaben gehören u.a. einzelbetriebliche Beratungen, die Leitung von Arbeitsgruppen und Projekten, Öffentlichkeitsarbeit, Bearbeitung von Anfragen der Politik, Regierung und Behörden. An seinen Aufgaben schätzt er besonders die Chance, Neues vorantreiben zu können, um den Biolandbau weiterzuentwickeln.

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