Auf dem Weg in die „Heißzeit“? Planet könnte kritische Schwelle überschreiten

Auf dem Weg in die „Heißzeit“? Planet könnte kritische Schwelle überschreiten

Hudsӧn/Flickr (CC BY-NC 2.0)

Hudsӧn/Flickr (CC BY-NC 2.0)

Gemeinsame Pressemitteilung des Stockholm Resilience Center, der Universität Kopenhagen, der Australian National University und des Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung

Die globale Erwärmung auf lange Sicht bei 1,5°C bis 2°C zu stoppen, könnte schwieriger sein als bisher angenommen. Selbst bei Umsetzung der im Pariser Abkommen festgelegten Pläne zur Minderung von Treibhausgasemissionen bleibt ein Risiko, dass der Planet durch verschiedene Rückkopplungsprozesse in einen Zustand gerät, den die Forscher als „Hothouse Earth“ bezeichnen. Dies diskutiert ein internationales Team von Wissenschaftlern in einer neuen Studie im Fachjournal Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS). Eine solche Heißzeit wäre langfristig durch etwa 4°C bis 5°C höhere Temperaturen charakterisiert sowie durch einen Meeresspiegelanstieg um 10m bis 60m, so die Veröffentlichung. Der Übergang zu einer emissionsfreien Weltwirtschaft müsse deshalb deutlich beschleunigt werden, argumentieren die Autoren.

„Industrielle Treibhausgasemissionen sind nicht der einzige Faktor, der die Temperatur auf der Erde beeinflusst. Unsere Arbeit weist darauf hin, dass eine vom Menschen verursachte globale Erwärmung von 2°C andere Prozesse des Erdsystems anstoßen könnte (oft als Rückkopplungen bezeichnet). Diese wiederum könnten die Erwärmung weiter vorantreiben – selbst wenn wir aufhörten, Treibhausgase auszustoßen“, sagt Leitautor Will Steffen von der Australian National University (ANU) und dem Stockholm Resilience Centre (SRC). „Um dieses Szenario zu vermeiden, ist es notwendig, das menschliche Handeln in eine neue Richtung zu lenken, von der Ausbeutung zu einem verantwortungsvollen Umgang mit dem Erdsystem.“

Derzeit liegt die globale Durchschnittstemperatur bereits um gut 1°C über dem vorindustriellen Niveau und steigt etwa 0,17°C pro Jahrzehnt an.

Die Autoren der Studie betrachten zehn natürliche Rückkopplungsprozesse, von denen einige mit den sogenannten Kippelementen im Erdsystem verknüpft sind. Durch das Überschreiten kritischer Schwellen könnten diese in fundamental andersartige Zustände versetzt werden. Die Rückkopplungen könnten z.B. Kohlenstoffspeicher in Kohlenstoffquellen verwandeln, die in einer entsprechend wärmeren Welt unkontrolliert Emissionen freisetzen würden. Zu den kritischen Prozessen gehören insbesondere tauender Permafrost, der Verlust von Methanhydraten vom Meeresboden, eine Schwächung von Kohlenstoffsenken an Land und in den Ozeanen, eine zunehmende bakterielle Atmung in den Ozeanen, das teilweise Absterben des Amazonas-Regenwaldes sowie der borealen Wälder, eine Verringerung der Schneedecke auf der Nordhalbkugel, der Verlust von arktischem und antarktischem Meereis sowie das Schrumpfen der großen Eisschilde. Die Studie berücksichtigt noch nicht mögliche Rückkopplungen zwischen Emissionen und der planetaren Wolkenbedeckung.

Kippelemente im planetarischen Getriebe: Treibhausgase aus Industrie und Landwirtschaft bringen das Erdsystem aus dem Gleichgewicht

„Diese Kippelemente könnten sich wie eine Reihe von Dominosteinen verhalten. Wird einer von ihnen gekippt, schiebt dieses Element die Erde auf einen weiteren Kipppunkt zu. Es könnte sehr schwierig oder sogar unmöglich sein, die ganze Reihe von Dominosteinen davon abzuhalten, umzukippen. Manche Orte auf der Erde könnten unbewohnbar werden, wenn die „Heißzeit“ Realität würde“, ergänzt Johan Rockström, Direktor des Stockholm Resilience Centre und designierter Ko-Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung.

„Die Treibhausgasemissionen aus Industrie und Landwirtschaft bringen unser Klima und letztlich das ganze Erdsystem aus dem Gleichgewicht, das zeigen wir auf. Im Zentrum stehen hier vor allem die Kippelemente in der globalen Umwelt, die sich – sobald ein bestimmtes Belastungsniveau einmal überschritten ist – grundlegend, schnell und möglicherweise irreversibel verändern könnten. Gewisse Kaskaden solcher Ereignisse könnten das gesamte Erdsystem in eine neue Betriebsweise kippen“, sagt Hans Joachim Schellnhuber, amtierender Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. „Was wir derzeit noch nicht wissen, ist, ob das Klimasystem sicher bei etwa 2°C über dem vorindustriellen Niveau ‚geparkt‘ werden kann, wie es das Pariser Abkommen vorsieht. Oder ob es, einmal so weit angestoßen, weiter abrutschen würde in ein dauerhaftes Supertreibhaus-Klima. Die Forschung muss sich daran machen, dieses Risiko schnellstmöglich besser abzuschätzen.“

Die Reduktion von Treibhausgasen allein reicht nicht aus

Um die Chancen zur Vermeidung einer „Heißzeit“ zu verbessern, brauche es nicht nur eine entschlossene Minderung von Kohlendioxid- und anderen Treibhausgasemissionen. Auch erweiterte biologische Kohlenstoffspeicher, etwa durch ein verbessertes Wald-, Landwirtschafts- und Bodenmanagement, oder die Erhaltung der biologischen Vielfalt sowie Technologien, um der Atmosphäre Kohlendioxid zu entziehen und unterirdisch zu speichern, können eine wichtige Rolle spielen, so die Autoren. Entscheidend sei jedoch, dass diese Maßnahmen auch durch grundlegende gesellschaftliche Veränderungen gestützt werden.

„Das Klima und andere Veränderungen zeigen uns, dass wir Menschen das Erdsystem bereits auf globaler Ebene beeinflussen. Das bedeutet auch, dass wir als internationale Gemeinschaft an unserer Beziehung zum System arbeiten können, um die zukünftigen planetarischen Bedingungen zu beeinflussen. Diese Studie identifiziert einige der Hebel, die dafür genutzt werden können“, schließt Katherine Richardson von der Universität Kopenhagen.

Artikel: Will Steffen, Johan Rockström, Katherine Richardson, Timothy M. Lenton, Carl Folke, Diana Liverman, Colin P.Summerhayes, Anthony D. Barnosky, Sarah E. Cornell, Michel Crucifix, Jonathan F. Donges, Ingo Fetzer, Steven J. Lade, Marten Scheffer, Ricarda Winkelmann, Hans Joachim Schellnhuber (2018). Trajectories of the Earth System on the Anthropocene. Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS).

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Publikationsreihe Journalismus & Nachhaltigkeit

Publikationsreihe Journalismus & Nachhaltigkeit

Die digitale Publikationsreihe Journalismus & Nachhaltigkeit des gemeinnützigen Netzwerks Weitblick richtet sich an journalistische Bildungseinrichtungen und an Journalistinnen und Journalisten. Die 12 Bände eignen sich für den Unterricht ebenso wie für die persönliche Fortbildung. Die Handreichungen bieten Wissen, Einordnung und Handwerkszeug für die Recherche sowie Tipps, weiterführende Hinweise, Literaturempfehlungen und Übungen.

Die Modulhandbücher und Skripte sind das Ergebnis eines Qualifizierungsprojekts des Netzwerks Weitblick, eines Vereins von Journalisten für Journalisten, der das Ziel hat, die Information, Diskussion und Meinungsbildung zu Nachhaltigkeitsthemen voranzubringen. Netzwerk-Mitglieder haben 12 Lehrmodule entwickelt und gemeinsam mit journalistischen Bildungseinrichtungen erprobt. Sie haben in den vergangenen zwei Jahren mehr als 130 zumeist angehende Journalisten zu verschiedenen Nachhaltigkeitsthemen geschult und interdisziplinäres Handwerkszeug und Gespür für die spezifischen Herausforderungen und Lösungen vermittelt. Die Publikationsreihe bündelt das Wissen und bietet Journalistinnen und Journalisten reichlich Lesestoff.

Bildungseinrichtungen erhalten durch die 12 Bände geballtes Know-how, solide Grundlagen und Materialien für Unterricht, Seminare und Workshops – damit Medienschaffende in ihrem Berufsalltag andere Fragen stellen und aus neuen Perspektiven interessant und konstruktiv berichten. Mithilfe der 12 Lehrmodule können angehende und gestandene Journalistinnen und Journalisten den Faden von Lieferketten aufnehmen (Band 2), Finanzströme hinterfragen (1), berichten, wie man aus Dreck Gold macht (4), und mit dem Ganzen im Blick (8) Wege aus der Sackgasse veralteter Mobilitätskonzepte aufzeigt (9). Sie lernen Greenwashing von seriöser Kommunikation zu unterscheiden (3), Wirtschaftswachstum zu reflektieren (5) und erfahren, was die Wissenschaft für sie bereithält (10). Storytelling (6) macht selbst die Energiewende (7) gut verdaubar, und an der Berichterstattung über zu wenig Trinkwasser (12) und zu viel Fleischkonsum (11) müssen sich Journalistinnen und Journalisten dank einführenden Hinweisen nicht mehr die Zähne ausbeißen.

Die Autoren und Autorinnen sind erfahrene Journalisten, die sich seit Jahren mit den journalistischen Herausforderungen zu Nachhaltigkeitsfragen befassen, in Beiträgen für renommierte Medien und/oder in eigenen Büchern. IWE-Sprecher Wilfried Bommert hat für die Reihe den Band „Kampf ums Wasser“ und „Das Fleisch und der Hunger“ mit verfasst. Mitdenken von Nachhaltigkeit im journalistischen Fragenkatalog führt zu tieferen, neuen Einsichten – und guten Geschichten. Denn Nachhaltigkeit ist ein Querschnittsthema und gehört in jedes Ressort: in die Verbraucherstrecke, den Modeteil und den Sport genauso wie in den Wirtschaftsteil, ins Feuilleton und in die Politik. Ob als Hauptthema oder als Aspekt systematisch berücksichtigt – immer geht es bei Nachhaltigkeit um unser aller Zukunftsfähigkeit.

Weitere Informationen und Bestellmöglichkeit finden Sie hier. Die Erlöse aus dem Verkauf dieser Publikationen fließen den Zwecken des gemeinnützigen Vereins Netzwerks Weitblick e.V. zu. 

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Nachhaltigkeit in der Ernährung: Bezugsrahmen und Programme der Vereinten Nationen, in Europa und Deutschland – SDGs

Nachhaltigkeit in der Ernährung: Bezugsrahmen und Programme der Vereinten Nationen, in Europa und Deutschland – SDGs

Von Dr. Karl v. Koerber, Arbeitsgruppe Nachhaltige Ernährung e. V., München

Zusammenfassung „Nachhaltigkeit in der Ernährung: Bezugsrahmen und Programme der Vereinten Nationen, in Europa und Deutschland – UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs)“

Angesichts der drängenden globalen Herausforderungen bedarf es großer gesellschaftlicher Anstrengungen mit weitreichenden Kooperationen aller beteiligten Akteure in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung, NGOs, Medien und Praxis. Neben förderlichen politischen Rahmenbedingungen sind intensivierte Bildungsanstrengungen auf allen gesellschaftlichen Ebenen notwendig, um die Verbraucherinnen und Verbraucher zu nachhaltigem Verhalten zu motivieren. Hierzu gehört unter anderem ein vermehrter Kauf von „nachhaltig“ erzeugten, verarbeiteten und gehandelten Lebensmitteln sowie ein verstärktes Angebot von „nachhaltigen“ Gerichten in der Außer-Haus-Gastronomie.

Die Vereinten Nationen zielen auf eine globale Transformation in Richtung Nachhaltigkeit – Ausgangsbasis hierfür ist die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ von 1948. Die UN haben hierfür verschiedene neue Instrumente ins Leben gerufen: die Agenda 2030 (einschließlich der UN-Ziele für nachhaltige-Entwicklung, SDGs), den Zehn-Jahres-Rahmenplan von Programmen für nachhaltige Konsum- und Produktionsmuster (darun- ter das Programm nachhaltige Ernährungssysteme) sowie das Weltaktionsprogramm Bildung für nachhaltige Entwicklung. Die SDGs sind in der Tat ehrgeizige Ziele, die in nur noch elf Jahren erreicht sein sollen – bzw. müssen, um dem Überleben der Menschheit und aller Lebewesen sowie dem friedlichen Zusammenleben eine reelle Chance einzuräumen.

Auch auf europäischer Ebene gibt es verschiedene Aktivitäten zu Nachhaltiger Ernährung. Für Deutschland wurden von der Bundesregierung Umsetzungsprogramme beschlossen. Darüber hinaus existieren mehrere Netzwerke für Nachhaltige Ernährung in Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Den kompletten Buchbeitrag „Nachhaltigkeit in der Ernährung: Bezugsrahmen und Programme der Vereinten Nationen, in Europa und Deutschland – UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs)“ von Dr. Karl v. Koerber, Arbeitsgruppe Nachhaltige Ernährung e. V., München finden Sie unten stehend als PDF zum Download.

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Dürre, guter Boden

Dürre, guter Boden

Der Gastbeitrag von IWE-Sprecher Wilfried Bommert erschien in Der Freitag, Ausgabe 29/2018

Mit jedem Tag ohne Regen schwindet auf den Feldern die Zuversicht: Eine Missernte steht bevor. Beginnen die mageren Zeiten? Oder handelt es sich um einen Ausrutscher der Natur, ein ganz normales Risiko, das die Landwirtschaft schon immer tragen musste? Für den Bauernverband ist es genau das: ein Betriebsunfall, der sich durch Versicherungen und Steuernachlass schultern lässt. Für die Klimawissenschaft ist es Folge des neuen Klimas, mit dem wir in Zukunft rechnen müssen. Ein Klima, auf das die Landwirtschaft ganz besonders im Osten der Republik nicht vorbereitet ist.

Die Risiken der gängigen Agrarmethoden werden übersehen. Dabei liegen sie auf der Hand: Es sind die riesigen Felder, die mit immer gleichen Pflanzen bestellt werden. Es sind die Hochleistungspflanzen, die für ihre Höchstleistung viel Wasser brauchen – für ein Kilo Getreide mehr als 1.500 Liter. Es ist die Unbedachtheit, mit der der nackte Boden in Herbst und Winter Sturm und Regen ausgesetzt wird. Die Folge: Bodenerosion, der fruchtbare Humus verschwindet vom Acker, und damit seine Speicherfähigkeit für Regenwasser.

Dabei wäre Anpassung an die kommenden Extreme möglich. Sie verlangt eine grundsätzlich andere Zielsetzung: nicht kurzfristige Höchsterträge, sondern langfristige Stabilität. Und die beginnt beim Boden, der mehr ist als der Halt für Pflanzenwurzeln. In einer Hand voll Boden leben mehr Lebewesen als Menschen auf der gesamten Erde. Sie bilden eine höchst produktive Allianz für alles, was auf dem Acker wächst. Das ist die Grundlage für stabile Ernten. Doch Bodenleben braucht organische Nahrung, Mist und Kompost aus Pflanzenresten. Daraus entsteht der Humus, der den Regen speichern kann. Das Rezept der Industrielandwirtschaft – Kunstdünger, synthetischer Stickstoff und Pestizide – ist für dieses Leben Gift.

Der zweite Schritt zur Stabilität gegenüber Klimaextremen ist das, was auf den Feldern ausgesät und angebaut wird. Keine Monokulturen! Wichtig ist Vielfalt, ein Gemisch von Pflanzen mit unterschiedlichen Eigenschaften, die sich Jahr um Jahr gegenseitig stützen. Solche Fruchtfolgen bilden strategische Allianzen zwischen Pflanzen und Boden und sorgen dafür, dass Dürren abgefedert werden können. Schließlich braucht es Schatten durch Hecken und Zwischenfrüchte, die den Acker bedecken und verhindern, dass die Sonne schon im März die Äcker aufheizt und austrocknet und damit schon im Frühling die Ernte in Frage stellt.

Doch wer heute durch die Dürreregionen zwischen Leipzig und Rostock fährt, sieht: Es fehlt an Stabilität. Die Botschaft, dass klimaverträgliche Landwirtschaft andere Wirtschaftsweisen verlangt, ist dort nicht angekommen. Wird sie überhaupt ankommen? Sie erfordert eine grundsätzliche Kehrtwende vor allem in den Köpfen der Bewirtschafter, die begreifen müssten, dass Agrikultur nicht Ausbeutung, sondern Bewahren heißt. Dass nur Vielfalt die kommenden Wetterextreme abpuffern kann. Dass zukunftsfähige Landwirtschaft eine Frage des biologischen Wissens und ökologischen Verstehens ist und nicht von Megatechnik, Höchstleistungssorten, Chemie.

Ein „Weiter-wie-bisher“ ist keine Option, das hat der Weltagrarrat schon 2008 der Agrarpolitik ins Stammbuch geschrieben. Die Dürre 2018 lässt uns erahnen, was der Klimawandel für uns bedeuten wird. Eine Botschaft, die von der Landwirtschaft verstanden werden muss. Wenn nicht, gehen wir mageren Zeiten entgegen.

Foto: Rockin’Rita / Flickr (CC BY-NC-ND 2.0)

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Brandheiß: Fleisch- und Milchkonzerne zündeln am Weltklima

Brandheiß: Fleisch- und Milchkonzerne zündeln am Weltklima

Kommentar von Wilfried Bommert

Wie schön hätte die Grillsaison werden können, ohne diese Nachricht aus dem Institute for Agriculture and Trade Policy. Aber nun ist es raus, die Ölkonzerne Exxon, Shell und BP sind nicht mehr die größten Brandstifter am Weltklima, in aller Stille haben drei Fleisch- und Milchkonzerne ihren Spitzenplatz als Klimakiller übernommen. Der größte unter ihnen – JBS – mästet seine Herden in Brasilien, danach kommen die USA mit Tyson Foods, Cargill und Dairy Farmers. Sie sind Wohlstandsgewinner, denn mit dem Wohlstand steigt weltweit auch der Konsum von Fleisch und Milch. Und sie sind dabei, ihre Position weiter auszubauen.

Dass sie gleichzeitig das Weltklima in den Abgrund stürzen, davon war bisher nicht die Rede. Aber jetzt kann keiner mehr sagen, er habe es nicht gewusst. Und nun? Schluss mit den Grillorgien, weg mit den Käseburgern? Vielleicht hilft es, einmal genauer hinzusehen. Denn Fleisch ist nicht Fleisch und Milch nicht Milch, entscheidend ist, wo und wie sie hergestellt werden. Schuld am schlechten Klima ist das industrielle Mast- und Milchrezept. Rinder, die eigentlich Grasfresser sind, werden mit Mais und Soja vollgestopft, damit sie möglichst Viel in möglichst wenig Zeit erzeugen, Treibhausgase inklusive.

Für diese Art der Fütterung werden nach wie vor Urwälder gerodet, Wagonladungen von synthetischem Stickstoff verstreut, es werden Pestizide von Flugzeugflotten versprüht und eine gigantische Armada an Lastwagen und Schiffen in Bewegung gehalten. Es ist diese Methode, die die Gase hinterlässt, die das Weltklima unerträglich machen. Und deshalb muss sie ein Ende finden. Auch wenn die deutsche Agrarministerin davon nichts wissen will, wir wissen es spätestens jetzt. Und nun?

Wir könnten Abschied nehmen von Fleisch und Milch, Vegetarier oder Veganer werden, aber wir müssen es nicht. Die gute Nachricht heißt, es gibt noch Rinder, die auf Wiesen und Weiden grasen, die das wiederkäuen, was ihnen gut bekommt: Gras. Und die daraus auch Fleisch und Milch herstellen, nach den Regeln der Natur und nicht nach denen der Fleisch- und Milchkonzerne. Bäuerliche Betriebe, die unsere Landschaft erhalten, unsere Bienen, unser Wasser und unsere Luft, die ökologisch wirtschaften und die Kosten tragen, die die anderen abwälzen, die leben das Gegenmodell zur globalen Fleisch- und Milchindustrie.

Allerdings, das hat seinen Preis und auch die Menge ist nicht die, die aus den industriellen Fleisch- und Milchfabriken quillt. Wir werden also zurückfinden zum Weniger, zum Sonntagsbraten, zum Sonntagskuchen. Wir werden die Fleisch- und Käseberge hinter uns lassen, weil wir wissen, weniger ist mehr.

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Interview mit Bauern in Brandenburg: „Das hier wird bald Wüste“

Interview mit Bauern in Brandenburg: „Das hier wird bald Wüste“

Jan Grossarth hat für die FAZ mit dem Biobauern Benedikt Bösel gesprochen, der in Ostbrandenburg 1100 Hektar Acker- und Grünland bewirtschaftet. In dem Interview, das am 14.7.2018 in der Online-Ausgabe erschien, fragt er nach den Ernteverlusten durch die anhaltende Trockenheit.

Der erste Regen seit 9 Wochen käme zu spät, erklärt Bösel, „Wir haben 40 Prozent weniger Dinkel und 35 Prozent weniger Roggen und Wintergerste“. Längere Trockenperioden kämen heute häufiger vor als früher, die Verteilung der Niederschläge habe sich geändert. Nach langer Trockenheit regne es dann so viel, dass der Boden das Wasser nicht aufnehmen kann.

Das liege aber auch an den Böden, so Bösel weiter. „Viele Jahrzehnte wurden sie extrem intensiv bewirtschaftet. Kurzfristig höhere Erträge wurden so mit einem Verlust an Bodenleben erkauft. Es gibt weniger Mikroorganismen, Würmer, Wurzeln, die Böden versanden. Sie halten weniger Wasser. Wenn wir unsere Landwirtschaft nicht ändern, ist hier in 15 Jahren Wüste.“

Lesen Sie das komplette Interview hier.

Foto: Flickr (CC BY-ND 2.0)

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Fleischkonzerne schaden dem Klima mehr als die Ölindustrie

Fleischkonzerne schaden dem Klima mehr als die Ölindustrie

Der Artikel „Fleischkonzerne schaden dem Klima mehr als die Ölindustrie“ Silvia Liebrich erschien am 18. Juli 2018 in der Online-Ausgabe der Süddeutschen Zeitung. Liebrich nimmt darin Bezug auf eine neue Studie „Emissions impossible: How big meat and dairy are heating up the planet“ des IATP und Grain.

Zentrales Ergebnis der Studie ist, dass die fünf weltgrößten Fleisch- und Molkereikonzerne für mehr Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind als die großen Ölkonzerne. Sie schaden dem Klima damit deutlich mehr als bislang angenommen. Ein Großteil der Unternehmen setzt in seinen CO₂-Bilanzen viel zu niedrige Werte an. Um den globalen Temperaturanstieg auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen, müsste der jährliche Fleischkonsum bis 2030 auf 22 Kilo pro Person sinken.

Die Länder hatten sich vor drei Jahren beim Klimagipfel in Paris auf die Reduzierung der Emissionen im Nahrungssektor geeinigt. „Genaue Ziele und verpflichtende Vorgaben für Unternehmen und Landwirtschaft gibt es aber bis heute nicht. In der Realität stehen die Wachstumsziele vieler Firmen in krassem Widerspruch zu den Klimaschutzzielen,“ so Liebrich.

Lesen Sie den kompletten Artikel hier.

Foto: Matthias Ripp / Flickr (CC BY 2.0)

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IATP Study: How big meat and dairy are heating up the planet

IATP Study: How big meat and dairy are heating up the planet

„The world’s biggest meat and dairy companies could surpass ExxonMobil, Shell and BP as the world’s biggest climate polluters within the next few decades. At a time when the planet must dramatically reduce its greenhouse gas emissions, these global animal protein giants are driving consumption by ramping up production and exports. GRAIN and IATP examined the world’s largest 35 companies and found that most are not reporting their GHG emissions data and few have set targets that could reduce their overall emissions. We need to urgently build food systems that meet the needs of farmers, consumers and the planet. But to do so, we must break the power of the big meat and dairy conglomerates and hold them to account for their supersized climate footprint.

New research from GRAIN and IATP shows that:
• Together, the world’s top five meat and dairy corporations are now responsible for more annual greenhouse gas emissions than ExxonMobil, Shell or BP.
• By 2050, we must reduce global emissions by 38 billion tons to limit global warming to 1.5 degrees Celsius. If all other sectors follow that path while the meat and dairy industry’s growth continues as projected, the livestock sector could eat up 80% of the allowable GHG budget in just 32 years.
• Most of the top 35 global meat and dairy giants either do not report or underreport their emissions. Only four of them provide complete, credible emissions estimates.
• Fourteen of the 35 companies have announced some form of emission reduction targets. Of these, only six have targets that include supply chain emissions, yet these emissions can account for up to 90% of total emissions. The six companies that do pledge cuts in supply chain emissions are
simultaneously pushing for growth in production and exports, driving their overall emissions up regardless of their intention to reduce emissions per kilo of milk or meat produced.

To avert climate catastrophe, we must reduce production and consumption of meat and dairy in overproducing and overconsuming countries and in affluent populations globally, while supporting a transition to agroecology.

More information here. Download PDF of IATP study „Emissions impossible: How big meat and dairy are heating up the planet“ (July 2018) here.

IWEIATP Study: How big meat and dairy are heating up the planet
„Wollen Sie in einer essbaren Stadt leben?“ Food Revolution 5.0

„Wollen Sie in einer essbaren Stadt leben?“ Food Revolution 5.0

Im Rahmen der Ausstellung „Food Revolution 5.0“ fand im Kunstgewerbemuseum in Berlin unter der Moderation von IWE-Sprecher Wilfried Bommert ein Fishbowl-Talk zum Thema „Essbare Stadt“ statt. Als Expertinnen eingeladen waren dazu Svenja Nette von den Prinzessinnengärten, Kai Gildhorn von Mundraub, Bernhard Watzl vom ernährungswissenschaftlichen Max Rubner-Institut in Karlsruhe, die Landschaftsarchitektin Katrin Bohn, Hendrik Monsees vom Leibniz-Institut für Binnenfischerei und Gewässerökologie sowie Volkmar Keuter vom Fraunhofer-Institut UMSICHT.

Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Leila Kemmer war bei dem Gespräch dabei und hat dazu einen Artikel im Blog der Staatlichen Museen zu Berlin „Museum and the City“ veröffentlicht. Ihren Beitrag können Sie hier lesen.

Foto: Marco Clausen, Prinzessinnengarten / Flickr (CC BY-NC-SA 2.0)

IWE„Wollen Sie in einer essbaren Stadt leben?“ Food Revolution 5.0
WFP: 10 Mythen über den Welthunger

WFP: 10 Mythen über den Welthunger

Das UN World Food Programme, das als größte humanitäre Organisation der Welt den Hunger weltweit bekämpft, hat eine Liste mit den 10 häufigsten Mythen über den Welthunger erstellt und mit den Fakten verglichen. Die Liste umfasst folgende Mythen: „Hunger bedeutet, nicht genug zu essen zu haben“; „Alle Hungernden der Welt leben in Afrika“; „Es wird nie genug Nahrung geben, um die ganze Welt zu ernähren“; „Hunger wird allein von Dürren und anderen Naturphänomenen verursacht“; „Hunger ist nur eine Gesundheitsfrage“; „Es gibt genug Probleme auf der Welt. Warum soll ich mich mit Hunger in anderen Ländern beschäftigen?“; „Hunger und Hungersnöte sind schwer vorauszusagen. Man kann sich nicht auf sie vorbereiten“; „Menschen leiden nur in Notsituationen Hunger“; „Es gibt dringendere globale Probleme als Hunger. Was ist mit Armut, bewaffneten Konflikten und der Benachteiligung von Frauen?“; „Wir können nichts tun, um den Hungernden zu helfen“.

Lesen Sie den kompletten Beitrag „10 Mythen über den Welthunger “ hier.

Foto: WFP Delivers Food to North Darfur IDP Camps, United Nations Photo / Flickr (CC BY-NC-ND 2.0)

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