Und nach den Ferien: weiter mit schlechter Schulverpflegung!?

Forum „Zukunft der Schulverpflegung“ des Ernährungsrats Hannover und Region deckt Mängel auf.

Ein Bericht von Peter Wogenstein

Noch vor Beginn der Sommerferien in Niedersachsen trafen sich in der Aula der Berufsbildenden Schule Ernährung in Hannover viele von denen, die das Thema Schulverpflegung betrifft: Eltern- und Schülervertreter, Schulleitung, Schulträger und Verwaltung, Lehrervertretung, Landwirte, Caterer und Politiker*innen aus Stadt und Region. Um die „Zukunft der Schulverpflegung“ sieht es dabei nicht gut aus. „Momentan liegt gute Schulverpflegung am Engagement einzelner Personen der Schulgemeinschaft“, so die Schulleitung. „Und das kann ja nicht im Sinne von Bildungsgerechtigkeit sein“.

Mittagessen als gesellschaftliche Aufgabe

Deutlich wird, und da stimmen alle Beteiligte überein: Mittagessen ist eine gesellschaftliche Aufgabe und darf nicht auf die Schulen abgewälzt werden. Zudem ist der Abbau der rechtlichen und behördlichen Hürden für Ausstattung, Einkauf und Bereitung von Schulessen dringend nötig. Personal ist eine weitere Hürde. „Wir können als Schulträger“ – so die Verwaltung – „nur wenig Personal beisteuern. Den Rest muss das pädagogische Personal leisten. Hier ist der Bund gefordert, damit eine einheitliche Lösung für alle Schulen gefunden wird.“

Kostenfreies Essen

Es fehlt Geld insbesondere für Personal an den Schulen und in der Verwaltung für die Organisation des Mittagessens. Kosten des Essens sollten so gestalten werden, dass alle Kinder teilnehmen können und wollen. „Mensen müssen so sein, dass jede Schülerin und jeder Schüler lieber zur Mensa als zum Supermarkt um die Ecke gehen will“, ergänzt der Stadt-Schülerrat, aber genau daran hapert es. Die GEW geht weiter und fordert organisatorische Änderungen und mehr: „Schulessen sollten in kommunalen sozialen Betrieben organisiert werden. Unser Ziel ist kostenfreies Essen.“

Knackpunkt ist der Preis

Einig ist man sich schnell: Schulpolitik sollte Mittagessen in Schulen und Kitas ernster nehmen, und es braucht mehr Anbieter, die gutes Essen, wenn möglich Bio, „regional“ und saisonal, in den Schulen anbieten. Aber diese Anbieter sind kaum zu finden. Nächster Knackpunkt ist der Preis. Der entscheidet, wieviel beim Bauern ankommt. Und er muss vom Caterer gegenüber dem Schulträger garantiert werden. „Bei Ausschreibungen wird stark auf den Preis geachtet“, bestätigt der Bio-Caterer und fordert, „Ausschreibungen sollten stärker soziale und ökologische Kriterien berücksichtigen.“ Aber genau das tun sie in der Regel nicht. Und da Bio-Landwirte nicht über den Preis verhandeln, sondern verlangen was es kostest, sind Bio-Caterer damit schnell raus aus dem Bieterverfahren. Für den Caterer ist die Ausschreibung entscheidend, ob sich sein Engagement an einer Schule rechnet. „Wenn der Schulträger bereit ist, Mehrkosten zu tragen, sind wir auch für individuelle Lösungen offen. “

Wenn die Politik will

„Wenn die Politik will und die Rahmenbedingungen schafft, dann kann Schul- und Kita-Verpflegung wie in Göttingen zentral eingekauft, frisch, regional und saisonal gekocht und ohne große Transportwege an Kitas und Schulen im Stadtgebiet geliefert werden.“ Die Vertreterinnen der Politik aus Stadt und Region sind sich mit Anja Köchermann, Verwaltung Göttingen, einig. Bisher ist dies jedoch die Ausnahme und in Städten wie Hannover ist das nach wie vor Fehlanzeige. „Die öffentliche Hand ist bei der Gruppenverpflegung noch nicht so weit. Die Verwaltung muss sich auf den Weg machen“, kommentiert eine Regionspolitikerin.

Mit und für Kinder kochen

Viel gilt es anzupacken: „Gerade in der 8. Klasse zeigt sich, dass Kinder, die auch mal mitkochen, weiter an der Schulverpflegung interessiert bleiben“, betont Anja Köchermann aufgrund ihrer Erfahrungen in Göttingen. Doch nicht jeder Koch kann mit und für Kinder kochen – hier braucht es eine passende Ausbildung. Auch die Verwaltung braucht Expertise, um die Herausforderung „Mittagessen“ ganzheitlich zu betrachten und Lösungen zu finden.

Es braucht Raum für Kochen

Wie hoch die Hürden bereits bei der Planung von Schulbauten sind, macht eine Abgeordnete der Stadt deutlich: „Bei den aktuellen Schul-Neubauten soll die Mensa einen Mehrnutzungs-Charakter als Aula, Veranstaltungsfläche und Mensa erhalten. Da kann keine gute Atmosphäre beim Mittagessen aufkommen.“ Dass es anders geht, zeigt die Stadt Seelze bei Hannover: „Unsere Schulen in Seelze können autonom und autark kochen. Wir können auch ohne Caterer die Schulen versorgen und damit flächendeckend gute Ernährung anbieten,“ so ein Mitglied des Stadtrats.

Faire Ernährungsumgebungen

Wir erinnern uns: notwendig ist „ein Systemwechsel in der Kita- und Schulverpflegung“ und die „Schaffung von fairen Ernährungsumgebungen“, empfiehlt der Wiss. Beirat des Bundesministeriums für Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz im Juni 2020. Denn „die Art und Weise, wie wir uns ernähren, beeinflusst wesentlich unseren individuellen Gesundheitsstatus, unsere Lebensqualität und unser Wohlbefinden.“ Darin waren sich beim Forum „Zukunft der Schulverpflegung“ des Ernährungsrats Hannover und Region alle einig. Trotz Lichtblicken und viel guten Willen: nach den Ferien geht es weiter wie bisher.

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