Ein Kommentar von IWE-Vorstand Wilfried Bommert
Die Enttäuschung könnte nicht größer sein. Das Klimaschutzprogramm der Bundesregierung hat von der Wissenschaft die Note „mangelhaft – ungenügend“ bekommen. Den Klimaaktivisten ist der Frust ins Gesicht geschrieben, sie hatten schon wenig von ihrer Regierung erwartet und nun ist es noch weniger als das. Mit diesem Weniger ist die Kanzlerin nun nach New York zum Klimagipfel der Vereinigten Nationen gefahren und hat es als Erfolg verkauft. Politischer Minimalismus.
Als ambitionierteste Künstlerin in politischer Untätigkeit sticht Julia Klöckner, die Landwirtschaftsministerin, hervor. Sie hatte schon im letzten Jahr ein 10-Punkte-Programm für besseres Klima vorgelegt, das sie nun zum Klimaschutzprogramm erklärt. Minimaler kann politischer Aufwand nicht sein. Man könnte dies als wenig ambitioniert bezeichnen, tatsächlich aber ist es ein Dokument der Täuschung.
Ob arglos, listig oder arglistig, hängt von Auge des Betrachters ab, zumindest geht es an der zentralen Frage, wie unsere Ernährung den Klimawandel bremsen könnte, meilenweit vorbei. Wer die Zahlen kennt, weiß, wo die größten Klimasünder im Bereich von Landwirtschaft und Ernährung liegen: in der industriellen Fleischproduktion und beim synthetischen Stickstoffdünger. Auf das Konto von Steak und Kottelet gehen nicht nur die Brände in Amazonien, sondern auch der höchst wirksame Klimakiller Methan. Das Düngen mit Synthesestickstoff hinterlässt in großen Mengen Lachgas, das kritischste, weil aggressivste Klimagas überhaupt. Von beidem kein Wort in Klöckners Klimaschutzprogramm.
Dafür aber umso mehr alt Bekanntes: Grünland, Moore, Mischwälder und Humus bewahren, Lebensmittelabfälle und Überdüngung vermeiden und mehr Biogas fördern. Und 20 Prozent Biolandbau bis 2030. Das alles steht schon teils seit Jahren auf der Agenda der Regierung. Heute sind es politische Ladenhüter, die wenig ändern und keinem weh tun. Kein Wunder also, dass der Bauernverband höchst zufrieden ist mit dem klimapolitischen Stillstand seiner Ministerin. Auch wenn seine Mitglieder die sein werden, die als erste unter den Klimafolgen leiden müssen.
Diese Täuschung verdient eine starke Antwort. Von wem? Von uns, von den Betrogenen. Von unseren Kindern, denen die Zukunftschancen durch derartige Untätigkeit verbaut werden. „Wenn ihr nichts tut, werden wir euch niemals vergeben“. Der Fluch, den Greta Thunberg in New York vor den Vereinten Nationen tat, hallt nach. Aber bewirken wird er dort wohl nichts. Wenn hier etwas geändert werden soll, dann sind wir selbst gefragt. Wir werden Fleisch und Synthesestickstoff zu unserem Thema machen müssen. Eine Klimawende verlangt eine Ernährungswende. In dieser Frage werden wir uns nicht täuschen lassen. Nicht arglos, nicht listig, und schon gar nicht arglistig. Die deutsche Zivilgesellschaft ist auf dem Weg. Sie macht Klima und Essen zum Thema ihrer Politik, egal mit wieviel Wenig die Kanzlerin vom UN Klimagipfel aus New York nach Hause kommt.