Öffentliches und kirchliches Land in Bio-Bauernhand?

Öffentliches und kirchliches Land in Bio-Bauernhand?

v.r.n.l.: Jochen Goedecke, Fairpachten – Regionalberatung Süd; Dirk Hillerkus, Institut für Kirche und Gesellschaft der EKvW; Wilfried Bommert, IWE; Matthias Kiefer, Sprecher der AGU; Dr. Ursula Hudson, Präsidentin Slowfood Deutschland; Ralf Demmerle, Fairpachten – AbL Mitteldeutschland

Kein leichter Weg, aber machbar – Erste Erfahrungen machen Mut

Wenn ökologische Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen bis 2030 Standard werden soll, so wie es die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen vorsehen, dann müssen jetzt Weichen gestellt werden. Das war das einheitliche Votum der Diskutanten der Podiumsdiskussion „Öffentliches und kirchliches Land in Biobauernhand?“ anlässlich der Biofach 2020 in Nürnberg. Vor allem Kirchen, Kommunen, Länder und der Bund stehen hier in der Verantwortung. Wie sich zeigte, bedarf es dazu jedoch eines neuen Bewusstseins, Mut und neuer Strategien.

Die Kirchen gehören zu den großen Besitzern von Pachtland und könnten durchaus Einfluss darauf nehmen, wer und wie ihr Kirchenland pachten und beackern darf. Theoretisch. Noch fällt es den beiden großen Volkskirchen aber schwer, ökologische Vergabekriterien für Pachtland in den Gemeinden umzusetzen. Vertragliche Bindungen, nicht selten über Generationen hinweg, lassen sich nicht ohne Weiteres aufkündigen. Bislang gehen Vorschriften für die Bewirtschaftung nicht über das Verbot von Klärschlammausbringung und die Anwendung genveränderten Saatgutes hinaus. Pachtbedingungen, die weitergehende ökologische Verpflichtungen wie etwa ein Verbot von synthetischen Pestiziden wie Glyphosat, mehr Artenschutz oder Vorrang für bäuerliche Betriebe des Ökolandbaus sind rar.

Sozialer Friede geht vor

Kein Ärger im Dorf gehe da vor ökologische Ansprüche, erklärte Dirk Hillerkus, Umweltbeauftragter der Evangelische Kirche Westfalen. Dies gelte auch, so Matthias Kiefer, Umweltbeauftragter des Bistum München und Freising, wenn die Kirchen auf höherer Ebene entsprechende Empfehlungen ausgeben. Der soziale Friede habe Vorrang. Einen Lösungsvorschlag steuerte Ralf Demmerle von der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland bei. Der Konflikt ließe sich entspannen, wenn die Entscheidung über die kirchlichen Pachtverträge auf höheren Stufen der Verwaltung gefällt würde, wo sie keine direkten Interessen mehr ausgesetzt ist.

Greifswald Vorreiter

Auch bei kommunalen Flächen muss die Anwendung ökologischer Maßstäbe erst ins Bewusstsein kommen und durchgesetzt werden. Dank des zivilgesellschaftlichen Aktionsbündnisses „Unser Land schafft Wandel“ könnte die Stadt Greifswald Vorreiter werden. Wie Björn Pasemann vom Aktionsbündnis erklärte, sei in Greifswald erstmals in der Bundesrepublik eine gemeinwohlorientierte Vergabe von kommunalen Flächen durchgesetzt worden.

Strategie-Forum geplant

Doch noch steht die Bewegung mit der Forderung „Öffentliches und kirchliches Land in Bio-Bauernhand“ am Anfang. Um sie weiter zu fördern, werden Veranstalter des Podiums Slow Food Deutschland und das Institut für Welternährung ein Forum einrichten, über das erfolgreiche Strategien des Fairpachtens deutschlandweit in die Öffentlichkeit gebracht werden können.

Hilfreiche Vorlagen für Pächterauswahl und Pachtvertrag

Zwei Muster-Vorschläge zur Pächterauswahl, einer von der AbL und ein anderer vom Aktionsbündnis „Unser Land schafft Wandel“ aus Greifswald können unten stehend heruntergeladen werden. Ein kostenloses Beratungsangebot bietet darüber hinaus die NABU-Stiftung Nationales Naturerbe als Initiator des Projektes „Fairpachten“, mit dem die Evangelische Kirche von Westfalen zusammenarbeitet. Auch der Mustervertrag von „Fairpachten“ steht zum Download zur Verfügung.

IWEÖffentliches und kirchliches Land in Bio-Bauernhand?
Ökolandbau in der Himalaya-Region: Sikkim voran – die anderen folgen?

Ökolandbau in der Himalaya-Region: Sikkim voran – die anderen folgen?

Ein Beitrag von IWE-Mitglied Alexandra Kandzi

100% Ökolandbau – das hat sich der kleine indische Bundesstaat Sikkim auf die Fahnen geschrieben. Damit ist er zum weltweiten Vorbild, besonders aber zum Vorreiter in der Himalaya-Region geworden. In dieser ökologisch vielfältigen und gleichzeitig sehr empfindlichen Gegend sind damit auch die indischen Nachbarstaaten wie Nagaland, Uttarakhand, Mizoram oder auch die Länder wie Bhutan oder Nepal gefordert. Und erfreulicherweise tut sich hier einiges, wenn es darum geht, den Ökolandbau zu fördern. Dies ist eines der Ergebnisse der Studie „Mainstreaming von ökologischem Landbau und Agrarökologie im Himalaya“, an der u.a. das World Future Council und die deutsche Schweisfurth-Stiftung mitgearbeitet hat.

Modellprojekte, die an die bergigen Standorte angepasst sind, die Förderung von Betriebsmitteln sowie die Weiterbildung von Subsistenz-Bauern sind dabei wichtige Maßnahmen. Besonders erfolgreich ist die Entwicklung des Ökolandbaus in der Himalaya-Region dann, wenn auch die Zusatznutzen dieser schonenden Anbau-Form gesehen und berücksichtigt werden: Sanfter Tourismus als zusätzliche Einnahmequelle sowie Natur-, Gewässer- und Klimaschutz zur Wahrung der Ressourcen.

Besonders letztere haben eine große Bedeutung. Beherbergt die Himalaya-Region doch wertvolle Öko-Systeme, die sich durch eine außergewöhnliche Biodiversität auszeichnen. Außerdem hängt die Wasserversorgung von 1,3 Milliarden Menschen, die im Einzugsgebiet der Bergregion leben, direkt von den Reserven der gigantischen Berggegend ab. Und der Klimawandel verändert und erschwert die Lebensmittelproduktion auf ohnehin nicht einfach zu bewirtschaftenden Flächen.

Das alles haben auch die politischen Entscheider vor Ort in den vergangenen zehn Jahren nicht nur mehr und mehr erkannt, sondern auch motiviert umzusteuern. Während Sikkim den Weg am konsequentesten gegangen ist, sind die anderen Anrainer dabei, Programme und Gesetze zu installieren, die die nachhaltige Landwirtschaft zunehmend implementieren. In vielen Gegenden sind die Voraussetzungen gut für den Bio- Landbau, da die moderne konventionelle Landwirtschaft, die u.a. auf große Flächen und Maschinen setzt, nur schlecht Fuß fassen konnte. Trotzdem müssen Bauern für die Transformation zusätzlich geschult, gefördert und allen voran die regionalen und lokalen Märkte weiterentwickelt werden.

Franz-Theo Gottwald, Vorstand der Schweisfurth Stiftung. Studie: „Mainstreaming von ökologischem Landbau und Agrarökologie im Himalaya

Auch wenn dies in manchen Gegenden noch ein weiter Weg ist, kann am Ende die gesamte Gegend von einer nachhaltigen zukunftsfähigen Landwirtschaft profitieren. Die im Himalaya gesammelten Erkenntnisse und Erfahrungen sind außerdem kostbar für viele Menschen rund um den Globus. Schließlich leben zirka 13% der Weltbevölkerung in Gebirgen und ungefähr die Hälfte der Menschheit hängt direkt von Gebirgsressourcen, vor allem Wasser, ab. Und nicht zuletzt 25% der terrestrischen Biodiversität hat in den Bergen ihre Heimat.

Ökolandbau, der an die Gegebenheiten in Gebirgen angepasst ist, kann damit nicht nur eine resiliente Möglichkeit sein, Lebensmittel zu produzieren, sondern gleichzeitig auch die Möglichkeit bieten, Klima- und Artenschutz in den empfindlichsten Regionen dieser Erde zu betreiben. Der Anfang dafür ist gemacht.

IWEÖkolandbau in der Himalaya-Region: Sikkim voran – die anderen folgen?
Dossier: Kirchenland in (Bio-)Bauernhand?

Dossier: Kirchenland in (Bio-)Bauernhand?

Nach welchen Kriterien verpachtet die Kirche ihr Land?
von Karin Vorländer

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gehört mit geschätzten 300.000 Hektar zu den größten Landeigentümern Deutschlands. Der römisch-katholischen Kirche gehören etwa 200.000 Hektar Acker- und Grünland und Wald. Gemeinsam besitzen die beiden Kirchen etwa 3 Prozent der aktuell 16,5 Millionen Hektar landwirtschaftlich genutzter Fläche in Deutschland größtenteils in den neuen Bundesländern. Das ist eine Größe, die durchaus relevant ist, wenn es um die Frage geht, wie und von wem dieses Land bewirtschaftet wird. Angesichts von zurückgehender Bodenfruchtbarkeit, dramatisch abnehmender Artenvielfalt und immer deutlich werdendem Klimawandel fällt es durchaus ins Gewicht, ob und von wem Kirchenland ökologisch nachhaltig, konventionell oder im Rahmen industrieller Landwirtschaft bearbeitet wird.

Den allergrößten Teil ihres Landes verpachten die Kirchen in den „alten Bundesländern“ zur landwirtschaftlichen Nutzung an Landwirte, deren Familie das kirchliche Pachtland nicht selten schon seit Generationen bewirtschaften. Ausgelaufene Pachtverträge wurden bislang meist mehr oder weniger automatisch verlängert.

Innerkirchlich und in der Gesellschaft mehren sich Stimmen, die von der Kirche eine Vorreiterrolle erwarten, wenn es um die Förderung biologischen Landbaus und die Wertschätzung des Bodens geht. Die Verpflichtung zur Bewahrung der Schöpfung ist in der Kirche, evangelisch und katholisch gleichermaßen, schon seit Jahrzehnten ein wichtiges Thema, das auch für den Umgang mit kircheneigenen Flächen in etlichen Denkschriften und Programmen zum Naturschutz zunehmend relevant wird.

Das Dossier „Kirchenland in (Bio-)Bauernhand?“ von Karin Vorländer können Sie hier herunterladen.

IWEDossier: Kirchenland in (Bio-)Bauernhand?